Im dritten Quartal 2017 haben institutionelle Investoren ihre Investments in Wohnimmobilien erneut verstärkt. Seit Januar wurde nach Angaben von Jones LaSalle (JLL) im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 40 Prozent verbucht. Vor allem Immobilien-AGs und REITs tätigten viele Käufe.
Mit 4,8 Milliarden Euro wurde laut JLL im dritten Quartal 2017 fast 45 Prozent des gesamten Dreivierteljahresvolumens an gewerblichen Wohnimmobilienkäufen erzielt.
Insgesamt summiere sich das Transaktionsvolumen für Wohnimmobilien und -portfolios von Januar bis Ende September auf 10,9 Milliarden Euro (bei 95.400 Wohneinheiten). Im Einjahresvergleich sei für 2017 damit ein Plus von 40 Prozent zu verzeichnen.
Kleinere Portfolios Treiber des Marktgeschehens
Auf dem gleichen Transaktionsniveau bewegt sich laut JLL der Fünfjahresschnitt. Beim Blick auf einen längerfristigen Zeitraum von zehn Jahren relativiere sich das Ausnahmeergebnis von 2015. Ein Plus von 30 Prozent schlage dann für das aktuelle Dreivierteljahr zu Buche.
„Auch im Schlussquartal dürfte noch einmal eine Schippe draufgelegt werden. Damit könnte dann ein Jahresergebnis von um die 16 bis 17 Milliarden Euro bis zum Jahresende erreicht sein“, so Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany.
„Es bleibt dabei: besonders kleinere Portfolios und Projektentwicklungen sind Treiber des Marktgeschehens. Die Zeit der Megaabschlüsse ist zunächst einmal vorbei. Bis dato wurden lediglich drei Portfolios mit mehr als 2.500 Wohnungen gehandelt. Noch 2015 konnten über 20 Portfolios in dieser Größenklasse gezählt werden, bereits 2016 waren es mit sechs schon deutlich weniger“, so Kortmann.
Verstärkter Erwerb von Projektentwicklungen
Die durchschnittliche Transaktionsgröße gegenüber dem Vorjahr hat zwar von 249 Wohneinheiten um 30 Prozent auf 320 Wohneinheiten zugelegt. Im Vergleich mit dem Schnitt der letzten fünf Jahre seien in 2017 bis dato jedoch um 40 Prozent kleinere Portfolios gehandelt worden, so JLL.
Eine weitere Trendverstärkung sei der Erwerb von Projektentwicklungen und damit verbundenen Forward-Deals. Während bisher vor allem deutsche Spezialfonds mit Kapital von langfristig orientierten Anlegern aus dem Bereich der Versorgungs- und Pensionskassen als Käufer von Projektentwicklungen auftraten, seien aktuell auch kommunale Wohnungsgesellschaften als Käufer aktiv geworden. So erwarben drei Berliner Wohnungsgesellschaften ein komplettes neues Wohnquartier und die Frankfurter Nassauische Heimstätte ein gemischt genutztes Quartier.
„Die kommunalen Wohnungsgesellschaften versuchen damit, ihren politischen Auftrag zu erfüllen, nämlich bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel kann durch eigene Entwicklungen oder Bestandsankäufe mangels Kapazitäten und Angebot nicht mehr erreicht werden. Das führt dazu, dass nun auf den Erwerb von Projektentwicklungen zurückgegriffen wird. Unterstützend wirken hier auch die kommunalen Modelle zur Baulandentwicklung, bei denen Teile von Neubauentwicklungen als mietpreisgedämpfte Wohnungen angeboten werden müssen. Die kommunalen Wohnungsgesellschaften treten dann als Käufer auf“, sagt Kortmann.
Größter Vermögensaufbau bei AGs und Wohn-REITS
„Nach einer kurzen Orientierungsphase im Nachgang der Übernahmen von anderen Wohnungsgesellschaften sind die großen Aktiengesellschaften und Wohn-REITs wieder die Käuferklasse mit dem größten Vermögensaufbau“, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
Fast 2,7 Milliarden Euro hätten sie netto in deutsche Wohnimmobilien investiert und damit bereits jetzt über 60 Prozent mehr als 2016. Mit Abstand folgten deutsche Spezialfonds, die maßgeblich durch den Erwerb von Projektentwicklungen Wohnimmobilienvermögen von 1,6 Milliarden Euro aufgebaut haben.
Ebenfalls auf der Käuferseite sei die öffentliche Hand mit einem Vermögensaufbau von 480 Millionen Euro. Professionelle Asset- und Fondsmanager dagegen würden mehrheitlich Portfolios veräußern. Sie tätigten laut JLL netto Desinvestments von etwa 500 Millionen Euro.
Ein Viertel des Volumens entfällt auf ausländische Käufer
Mit 2,7 Milliarden Euro entfiel laut JLL auf ausländische Investoren ein Viertel der direkten Wohn-Immobilieninvestments. Der Anteil liege damit auf dem Niveau des Vorjahres.
Das Gros internationalen Kapitals kommt von Anlegern aus Israel (1,4 Milliarden Euro). Frankreich (390 Millionen Euro) und Großbritannien (190 Millionen Euro) folgen mit deutlichem Abstand.
Viele offene Fragen nach der Bundestagswahl
„Das Interesse internationaler Anleger, in Deutschlands Wohnimmobilien zu investieren, ist ohne Frage nach wie vor hoch. Limitierend wirkt allerdings genauso sicher die nach der Bundestagswahl unklare Richtung, in die eine Regierungskoalition im Blick auf die Zukunft der Immobilienbranche marschieren wird“, sagt Kortmann.
Stichworte in diesem Zusammenhang seien die unterschiedlichen Positionen der Parteien zur Mietpreisbremse, die uneinheitlichen Regelungen bei der Genehmigung von Neubauprojekten und der Neubauförderung, sowie Fragen des sozialen Wohnungsbaus.
Eine Erschwernis anderer Art für eine internationale Investorenklientel hinsichtlich eines Markteintritts sei die sehr gute Vernetzung deutscher institutioneller Investoren bei Projektentwicklern und Verkäufern. (bk)
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