Dem automatisierten Fahren gehört die Zukunft, auch auf den Schifffahrtswegen. Anders als für den Straßenverkehr fehlen für die Binnenschifffahrt derzeit aber noch klare Regelungen. „Die Transportversicherer stehen trotz der bisher kaum bekannten Risiken bereit, auch automatisierte Binnenschiffe zu versichern, damit sie so schnell wie möglich aus Pilotprojekten in den täglichen Einsatz kommen“, mahnt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
„Wir haben in Deutschland mit den Gesetzen zum automatisierten und autonomen Fahren einen klaren Rechtsrahmen für die Zukunft der Mobilität auf der Straße – dasselbe brauchen wir jetzt für die internationale Binnenschifffahrt“, fordert Asmussen. Rein technisch sei eine automatisierte Binnenschifffahrt schon heute möglich. „Nun sollten die neue Bundesregierung und die zuständigen Flusskommissionen mit Standards und gesetzlichen Regeln die technische Entwicklung weiter beschleunigen, den Wettbewerb beflügeln und die Sicherheit maximieren“, so Asmussen.
Einheitliche Standards, transparente Daten, klare Verantwortlichkeiten
Konkret setzen sich die Transportversicherer für Lösungen in drei Bereichen ein: Standards für die Fahrtauglichkeit, Datentransparenz und klare Verantwortlichkeiten. So soll ein Sicherheitsniveau gewährleistet werden, das mindestens der Sicherheit herkömmlicher Binnenschiffe entspricht.
Dafür braucht es ein gemeinsames Verständnis, unter welchen Voraussetzungen ein automatisiertes Schiff überhaupt fahren darf: Braucht es eine Mindestbesatzung? Mit welcher Kommunikations-, Sensor-, Navigations- und Sicherheitstechnik muss es ausgerüstet sein? Wie kann es gegen Cyberangriffe geschützt werden? Wer lässt das Schiff zu und bescheinigt, dass es automatisiert oder ferngesteuert fahren darf, also ohne Menschen auf der Brücke?
Die Fahrdaten der so zugelassenen Schiffe müssten dann in einem standardisierten Format und in Echtzeit den Versicherern zur Verfügung stehen. „Versicherer brauchen valide Daten, um sowohl das Risiko der neuen Technologien bewerten als auch etwaige Schäden präzise beurteilen und schnell regulieren zu können“, so Asmussen.
Schließlich müsse jederzeit klar sein, wer wann für die Führung des Schiffes verantwortlich ist. „Auch bei automatisierten Schiffen muss zu jedem Zeitpunkt ein Mensch für die Einhaltung von Bestimmungen verantwortlich sein und es muss klar sein, welche konkrete Person das in der jeweiligen Situation ist“, so Asmussen. Das könne eine etwaige Besatzung an Bord ebenso sein, wie ein Schiffsführer in einer Fernsteuerungszentrale, der das Schiff aus der Ferne überwacht.
Deutschlands Flotte besteht aus rund 4.000 Schiffen
Deutschland ist zusammen mit den Niederlanden das bedeutendste Binnenschifffahrtsland in Europa. Die deutsche Flotte erbringt mit rund 4.000 Binnengüterschiffen rund ein Drittel der Transportleistungen auf europäischen Flüssen und Kanälen.
Die Schiffe transportieren insbesondere große Mengen Rohstoffe von den niederländischen Seehäfen über den Rhein in die deutschen Binnenhäfen unter anderem in Duisburg, Köln, Mannheim/Ludwigshafen und Karlsruhe. Damit trägt die Binnenschifffahrt maßgeblich zur effizienten und nachhaltigen Beförderung von Gütern bei. Allerdings hat der europäische Binnenschifffahrtssektor mit einem starken Fachkräftemangel zu kämpfen.