Der deutscher Gewerbeimmobilienmarkt ist im europäischen Vergleich attraktiv. Stagnierende Margen und die Neugeschäftsentwicklung zeichnen eine leichte Eintrübung. Deshalb rücken nun zunehmend mehr B-Städte in den Fokus. Welchen Einfluss zudem die Digitalisierung besitzt.
Rund 210 Immobilienexperten aus dem In- und Ausland haben bei der Expertenumfrage „Trendbarometer“ der Berlin Hyp „ ihre Einschätzung zu den Trends der deutschen Immobilienbranche abgegeben.
Erste Eintrübungen bei der Attraktivität des deutschen Immobilienmarkts
67% der Umfrageteilnehmer halten den Deutschen Gewerbeimmobilienmarkt im europäischen Vergleich immer noch für etwas bzw. viel attraktiver. Dies bedeutet einen Rückgang von 13% zu den Zustimmungswerten aus 2018 (80% viel und etwas attraktiver) und von 15% zu den Werten des 2. Halbjahres 2017.
Eine mögliche Ursache für diese Eintrübung könnte in der aktuell geführten Enteignungsdiskussion liegen, die insbesondere auf ausländische Investoren abschreckend wirkt.
War Deutschland immer ein Garant für freie Marktwirtschaft, so konnte man zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen, eine Verstaatlichung großer Wohnungsbestände sei nicht nur theoretisch möglich, sondern von politischen Gruppen auch gewollt. Da ist es nicht verwunderlich, wenn Deutschland im europäischen Vergleich nicht mehr mit großem Abstand vorne liegt.
Zinsniveau weiterhin bestimmender Faktor
Mit weitem Abstand vorn als bestimmender Faktor: das Zinsniveau. Obwohl niemand mehr ernstlich von einer Leitzinserhöhung in den kommenden 12 Monaten ausgeht, ist das Zinsniveau für 24% der Umfrageteilnehmer weiterhin wichtigste Größe für den gewerblichen Immobilienmarkt.
Weitere bestimmende Faktoren sind nach Meinung der Umfrageteilnehmer Deutschland als „sicherer Hafen“ (20%), die Kaufpreisentwicklung (19%) sowie ausländische Investoren (17%).
Besonders auffällig: Demografie als einer „der“ Megatrends der vergangenen Jahre liegt mit nur 4% Zustimmung abgeschlagen auf Platz 6. Dabei haben die absehbaren demografischen Veränderungen der kommenden Jahrzehnte direkte Auswirkungen auf alle Assetklassen.
Ob Wohnen, Einzelhandel oder Logistik, die Bedürfnisse werden sich ändern. Und wer nachhaltige Objekte kaufen, finanzieren oder bauen will, muss diese so konzipieren, dass sie auch in den kommenden Jahren den Bedürfnissen gerecht werden.
Digitalisierung wird den gewerblichen Immobilienmarkt verändern
Die Digitalisierung, seit einiger Zeit auch in der Immobilienbranche beherrschendes Thema wird nach Meinung von 29% der Umfrageteilnehmer einen großen Einfluss auf den gewerblichen Immobilienmarkt ausüben.
Zweiter wichtiger Einflussfaktor mit 26% Zustimmung sind die modernen Arbeitswelten. Urbanisierung (18%), Mobilität (15%), Demografie (7%) und Konnektivität (5%) landen auf den Plätzen dahinter.
Interessantes Ergebnis: Konnektivität bildet das Schlusslicht. Dabei ist Konnektivität einer der wirkungsmächtigsten Trends unserer Zeit. Digitalisierung verändert unsere Welt, schafft neue Kommunikationswege und verändert die Gesellschaft. Um diesen Umbruch bewältigen zu können, benötigen wir neue Netzwerkkompetenzen, die Konnektivität. Ein in der Branche unterschätzter Megatrend?
Stagnation bei Margen und Neugeschäftsentwicklung
Laut 53% der Befragungsteilnehmer werden die Margen in den kommenden 24 Monaten stagnieren. 31% der Teilnehmer gehen davon aus, dass die Margen bei der Immobilienfinanzierung leicht bis stark sinken und lediglich 16% gehen von einem Anstieg aus. Doch wie risikoadäquat sind die Margen?
Sie können dies nur sein, wenn der Bedarf nach Risikovorsorge nachhaltig niedrig bleibt. Sprunghafte Änderungen der Rahmenbedingungen, sei es politisch, konjunkturell oder objektbezogen können den Bedarf nach Risikovorsorge ungeplant steigen lassen.
„Eine konservative Risikopolitik und ein wachsendes Bewusstsein für „Qualität statt Quantität“ sind Garanten für eine sichere Zukunft“, so Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp. Ähnlich sieht es bei der Prognose für die Neugeschäftsentwicklung aus.
Nach Meinung der Experten, wird das Neugeschäft stagnieren (50%). Rund 28% der Umfrageteilnehmer gehen sogar davon aus, dass das Volumen steigen bzw. stark steigen wird. 22% gehen von einem abnehmenden Neugeschäft aus.
Nach dem Run auf die A-Städte jetzt die B-Städte im Fokus
Für 56% der Umfrageteilnehmer ist der Gewinner unter den Büro-Standorten ein ganz klarer Fall: Sie würden in B-Städten eine Büroimmobilie erwerben. Mit 37% und damit auch deutlich dahinter liegen die A-Städte. Uninteressant für Investoren in Büroimmobilien sind C-Städte (6%) und D-Städte (1%). Auf der Suche nach mehr Rendite bevorzugen Investoren die B-Städte.
Diese punkten zumeist mit renommierten Universitäten und Hochschulen und verfügen über eine wettbewerbsfähige und durchmischte Wirtschaft. Die Nähe zu großen A-Städten und eine gute Anbindung machen B-Städte noch attraktiver.
Seit nunmehr sechs Jahren veröffentlicht die Berlin Hyp die Expertenumfrage „Trendbarometer“. Immobilienfachleute aus dem In- und Ausland nehmen zu ihren Erwartungen für das kommende Immobilienjahr Stellung. Die Umfrage gibt eine Einschätzung des deutschen Immobilienmarkts im laufenden Immobilienjahr und eine Perspektive für die weitere Entwicklung.
Foto: BerlinHyp