Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, heißt es in diesen Tagen Abstand halten und möglichst zu Hause bleiben. Doch wie sollen sich Patienten verhalten, wenn dringend ärztlicher Rat gefragt, ein lang erwarteter Termin beim Facharzt ansteht oder eine wichtige U-Untersuchung für den Nachwuchs fällig ist? Die KKH Kaufmännische Krankenkasse hat hierzu einen Patientenratgeber veröffentlicht.
„Viele Menschen sorgen sich aktuell vor dem Besuch einer Arztpraxis, weil das Wartezimmer als mögliche Ansteckungsquelle gilt. Wer unsicher ist, sollte vorher telefonisch mit der Praxis Rücksprache halten“, rät Hannes Dietrich vom KKH-Serviceteam in Hamburg.
Überfüllte Wartezimmer dürften erstmal der Vergangenheit angehören. Denn viele Menschen meiden inzwischen den Besuch beim Arzt. Außerdem gilt auch in den Wartezimmern, die Abstandsregelung von mindestens eineinhalb bis zwei Metern zu anderen Patienten zu wahren.
„Durch ein gutes Terminmanagement sollte es möglich sein, Patienten direkt ins Behandlungszimmer zu bitten und den Kontakt zu anderen zu minimieren“, sagt Dietrich. Einige Praxen seien in dem Zusammenhang mittlerweile zu sogenannten Auto-Wartezimmern übergegangen: Dabei sitzen die Patienten vor der Arztpraxis in ihrem Fahrzeug und werden per Anruf informiert, wenn das Sprechzimmer frei ist.
In vielen Praxen gilt zudem aktuell die Regel, dass keine oder maximal eine Begleitperson mitgebracht werden darf. „Das ist vor allem für Familien wichtig zu wissen“, so Dietrich weiter. Auch das Tragen einer Schutzmaske wird in vielen Arztpraxen inzwischen empfohlen oder sogar verlangt.
Mancherorts behandeln Mediziner ihre Patienten nur noch, wenn diese mit Mund-Nasen-Schutz in die Praxis kommen. Das Vorgehen ist verständlich, denn auch die Arztpraxen haben ein Interesse daran, ihre Patienten so sicher wie möglich zu versorgen. Angesichts der immer knapper werdenden Schutzausrüstung im ambulanten Bereich wird dies für viele Praxen aber immer schwieriger.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben sich deshalb auf zahlreiche Sonderregelungen geeinigt, um die Zahl der Arzt-Patientenkontakte zu minimieren. „So können Ärzte ihren Patienten jetzt öfter Videosprechstunden anbieten, wenn sie diese für therapeutisch sinnvoll halten“, nennt Dietrich ein Beispiel.
Eine weitere Regelung betrifft laut KKH die U-Untersuchungen von Kindern: Die fixen Intervalle für die U-Untersuchungen U6 bis U9 wurden aufgehoben. Die Früherkennungen können zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Die Regelung gilt laut KKH-Angaben bis Ende September. Einzig die Untersuchungen U1 bis U5 für Babys bis zum siebten Lebensmonat sind davon ausgenommen. Aus medizinischer Sicht sei es nicht sinnvoll, diese Früherkennungen, die in kurzen zeitlichen Abständen durchgeführt werden, zu verschieben.
Auch für chronisch Kranke in besonderen Behandlungsprogrammen wurden ursprüngliche Vorgaben gelockert: „Allein für sogenannte „DMP-Programme“ müssen Patienten aktuell beim Arzt nicht vorstellig werden. Aber um die Gesundheitswerte regelmäßig zu überprüfen, kann für chronisch Kranke eine kontinuierliche medizinische Versorgung sinnvoll sein“, erläutert der KKH-Experte.
Auch für Teilnehmer am Rehabilitationssport, deren Kurse wegen der aktuellen Zwangspause verlängert werden müssen, sei ein Arztbesuch nicht zwingend notwendig. Die Krankenkassen bewilligen die Maßnahmen aktuell unbürokratisch über den Zeitraum hinaus.
Sogar eine telefonische Krankschreibung ist in Krisenzeiten weiter möglich: Wer wegen eines leichten Atemwegsinfektes oder eines Verdachtes auf das Corona-Virus arbeitsunfähig ist, soll laut aktuellem G-BA-Beschluss weiterhin telefonisch vom Arzt krankgeschrieben werden können.
„Ärzte dürfen diese AU-Bescheinigung allerdings nur noch für bis zu sieben Tage ausstellen. Wenn sich die Erkrankung noch nicht gebessert hat, ist aber eine Verlängerung um eine weitere Woche im Anschluss möglich“, sagt Dietrich.
Die Ausnahmeregelung soll vorerst bis zum 4. Mai 2020 gelten. Ist ein Test auf das Corona-Virus notwendig, informiert der Arzt oder das Gesundheitsamt darüber, wo sich Patienten testen lassen können. Auch der ärztliche Bereitschaftsdienst erteilt unter der Rufnummer 116117 Auskunft über Testungsmöglichkeiten und Vorgehen bei einer möglichen Infizierung mit dem Virus.
„Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und Sonderregelungen gilt: Bei akuten Beschwerden sollten Patienten immer medizinischen Rat einholen – und sei es zunächst nur telefonisch. Denn wer zu lange mit einem Gesundheitsproblem wartet, riskiert eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Umsichtiges und frühzeitiges Handeln könnten dies verhindern“, so das mahnende Fazit des KKH-Experten. (dr)
Foto: KKH