Binnen Jahresfrist ist das verwaltete Vermögen um 80 Prozent gestiegen. Verantwortlich für das Wachstum ist vor allem die Umstellung bestehender Fonds. Die Nettozuflüsse betrugen im ersten Quartal rund fünf Milliarden Euro; nach einem starken Neugeschäft im Januar mussten nachhaltige Publikumsfonds im Februar und März erstmals seit zwei Jahren leichte Nettoabflüsse hinnehmen.
Spezialfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwalteten 120 Milliarden Euro, das sind sechs Milliarden weniger als Ende Dezember 2021. Hintergrund sind sinkende Anteilwerte. Denn fast die Hälfte des Vermögens entfällt auf gemischte Wertpapierfonds, weitere 40 Prozent auf Rentenfonds. Damit sind nachhaltige Spezialfonds überdurchschnittlich von sinkenden Anleihekursen durch steigende Zinsen betroffen. Trotzdem flossen ihnen im ersten Quartal per Saldo neue Kundengelder in Höhe von rund zwei Milliarden Euro zu.
Der BVI erhebt derzeit, welche Fonds die Mitglieder nach der Offenlegungsverordnung als Artikel-8-Fonds (Fonds mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen) und Artikel-9-Fonds (Fonds, die zu mindestens einem Nachhaltigkeitsziel beitragen) einstufen. Auf Erstere entfallen über 96 Prozent des Vermögens nachhaltiger Publikums- und Spezialfonds. Artikel-9-Fonds verwalten nur rund 22 Milliarden Euro. Hauptgrund dürfte die Unsicherheit bezüglich Definitionen, Daten und zukünftigen regulatorischen Vorgaben bei auswirkungsorientierten Investments sein. Auch im europäischen Vergleich sind deutsche Fondshäuser bei der Einstufung zurückhaltend. Auf deutsche Anleger entfallen nur knapp fünf Prozent des Vermögens der in der EU aufgelegten Artikel-9-Fonds (laut Morningstar Direct). Zum Vergleich: Auf alle – konventionellen und nachhaltigen – Fonds bezogen sind es 28
Prozent. Dennoch managen 29 Anbieter bzw. Anbietergruppen für deutsche Kunden Fonds, die zu Nachhaltigkeitszielen beitragen. Einen besonders großen Marktanteil bei Artikel-9-Fonds haben Pictet, Deka,
DWS, Amundi und Allianz Asset Management.
In diesem Jahr stehen regulatorische Änderungen an, die den Markt für nachhaltige Fonds erneut stark verändern werden. Ab dem 2. August 2022 sind in der Beratung von Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen zusätzliche Produktmerkmale relevant. Berater müssen dann klären, ob Anleger einen bestimmten Mindestanteil nachhaltiger Investitionen bzw. Investitionen im Sinne der EU-Taxonomie wünschen oder mit ihren Investments die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeit (PAIs) reduzieren möchten. Mit dem ESG-Zielmarktkonzept gibt es
einen deutschen Marktstandard für qualitative Mindestanforderungen an Produkte, die für Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen geeignet sind. Die bisherige Einteilung nach der Offenlegungsverordnung ist im Vertrieb zukünftig nicht mehr ausschlaggebend. Viele Artikel-8-Fonds können an diese Anleger nur noch empfohlen werden, wenn die Anlagestrategie zusätzliche Anforderungen erfüllt, zum Beispiel die PAIs verbindlich in die ESG-Strategie einbezieht.