Trump-Sieg in den USA: Das sagt die Finanzbranche

Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck: „Es war wohl wieder einmal die Wirtschaft, die den Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen im Wesentlichen entschieden hat. Aktuell deuten die Wahlergebnisseauf einen „Red Sweep“ hin, also eine Eroberung sowohl des Präsidentenamtes als auch beider Kammern des Kongresses durch die Republikaner. Offensichtlich hat die Unzufriedenheit der Amerikaner mit ihrer Wirtschaft Donald Trump dabei geholfen. Dies zeigen zumindest Nachwahlbefragungen. „Viele Amerikaner beklagen die stark gestiegenen Preise. Dass die letzten Jahre daran eher die Nachwirkungen der Corona-Pandemie als die Biden-Administration  Schuld waren, spielte für viele Bürger an der Wahlurne offensichtlich keine große Rolle. Nachdem Inflation laut Umfragen mit die größte Sorge der US-Bürger ist, hat wohl letztendlich Covid die US-Wahl zu Gunsten Donald Trumps mit entschieden.

Was bedeutet ein solches Ergebnis nun? Bewahrheitet sich die Aussicht auf den „Red Sweep“, würde es diese Konstellation Donald Trump ermöglichen, mehr von seinem Programm, einschließlich fiskalischer Maßnahmen wie Steuersenkungen, umzusetzen als er es während seiner ersten Amtszeit konnte.

Grundsätzlich könnte eine Trump-Führung neben einer weiteren Senkung der Körperschaftssteuer vor allem Gewinne bei Öl- und Gas-, Finanz- und Telekommunikationswerten bedeuten, da die zu erwartende Deregulierung diesen Branchen zugute käme. Sie könnte sich auch – zumindest anfangs – positiv auf die US-Aktien im Allgemeinen auswirken, da sie zu einem fiskalischen Impuls und damit zu einem höherem Wirtschaftswachstum führen könnte, was möglicherweise Industriewerte stützen würde. Die Auswirkungen auf Technologieunternehmen dürften differenzierter sein, da eine gewisse Unsicherheit über mögliche kartellrechtliche Maßnahmen besteht, aber auch Steuersenkungen die Investitionen ankurbeln könnten, was unter dem Strich positiv sein dürfte.

An den Märkten rechnen wir In den kommenden Wochen mit politisch bedingter kurzfristiger Volatilität. Historische Daten unterstreichen allerdings, dass auf längere Sicht die Bedeutung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten größere ist als kurzatmige politische Debatten. Historische Daten von 1936 bis 2023 zeigen auch, dass in Jahren mit einem vereinten Kongress die durchschnittliche jährliche Performance des S&P 500 mit +12 Prozent geringer war als in den geteilten Kongressjahren mit 15 bis 16 Prozent.

Bereits heute Morgen ergibt sich ein erstes Bild der Marktreaktionen auf den wahrscheinlichen Sieg der Republikaner: Bislang gaben die asiatischen Aktien, insbesondere der Hang Seng Index, nach, während der S&P 500-Future zulegte und nun nahe seinem Allzeithoch liegt. Da nun deutlich höhere Haushaltsdefizite in den USA wahrscheinlich sind, stiegen zudem die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen um 14 Basispunkte auf 4,41 Prozent.

Investoren sollten zudem bedenken, dass sich die Aussichten auf Zollerhöhungen unter Trump negativ auf Schwellenländer – allen voran China – auswirken dürften, was einer der Gründe ist, warum wir taktisch derzeit keine aktiven Positionen in den Schwellenländern haben. Wenn es außerdem zu Zöllen gegen NATO-Verbündete kommen würde, könnten sich die Zölle auch auf Europa auswirken, und wenn sie in der Folge zu höheren Preisen und damit einer höheren Inflation in den USA führen, könnte die Konsumbereitschaft der Amerikaner negativ beeinflusst werden. Bei festverzinslichen Wertpapieren haben wir US-Treasuries bisher untergewichtet, da wir befürchten, dass ein umfangreicher fiskalischer Stimulus zu einem erheblichen Angebot an Staatsanleihen führen, was im Umkehrschluss zu sinkenden Kursen führt.

Eine leichte Übergewichtung haben wir bei Aktien, die wir außerdem mit einer Präferenz für kurzlaufende Staatsanleihen und Unternehmensanleihen guter Bonität kombinieren, während wir risikoreichere Anleihen untergewichten. In unserer langfristigen, strategischen Vermögensallokation halten wir auch Gold, Rohstoffe und hochwertige Staatsanleihen, da wir der Meinung sind, dass sie eine Reihe von geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken sowie einen möglichen Anstieg der generellen Unsicherheit abfedern können.“

Robert Greil (Foto: Merck Finck)
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