Trump-Sieg in den USA: Das sagt die Finanzbranche

Benjamin Bente, Geschäftsführer Vates Invest: „Der Republican Sweep ist da: Trump hat nicht nur die Wahl gewonnen, die Republikaner haben auch den Senat zurückgeholt. Sie stellen jetzt in beiden Kammern die Mehrheit und dazu den Präsidenten.Das ist die notwendige Kombination, um ihre politische Agenda umsetzen zu können. Donald Trump hat so in den zwei Jahren bis zu den Midterm Elections die Chance, seine Vorstellungen von Deregulierung und massiven Steuersenkungen durchzusetzen. Und wenn er das tut, wird das eine deutliche Belebung des US-Wirtschaftswachstums zur Folge haben. 

Einer Welt mit dem planwirtschaftlichen Zeitgeist immer kleinteiligerer Regulierung steht das wirtschaftspolitische Programm von Donald Trump diametral entgegen. Dementsprechend bestehen hier große Wachstumschancen. Das steht auch ganz deutlich im Gegensatz zu der Wachstumsmalaise in Europa, wo sich die Politik in Mikro-Regulierungen verhakt und damit die Wirtschaft lähmt. 

Negativ könnten auf der anderen Seite die von Trump angekündigten Zölle wirken. Das ist ohne Zweifel keine gute wirtschaftspolitische Idee. Die Frage bleibt, ob es am Ende so vehement kommt, wie das in Europa erwartet wird. Eine negative Zollpolitik würde auch in den USA Wirtschaftswachstum kosten, weil es zu Gegenmaßnahmen aus anderen Staaten käme. Die Frage wird sein, ob der Nettoeffekt aus der sehr positiven Deregulierungs- und Steuersenkungspolitik und auf der anderen Seite der negativen Zollpolitik nicht immer noch positiv ist. Hauptprofiteur werden in jedem Fall US-Aktien sein, denn die sehr nach innen ausgerichtete US-Wirtschaft kann die Zölle viel besser verkraften als ein Exportkontinent wie Europa und allen voran Deutschland.

Eine Befürchtung ist, dass mit der Steuersenkungspolitik die Verschuldung steigt. Davon ist auszugehen, das war in den Reaganomics auch nicht anders. Überhaupt erinnert vieles des wirtschaftspolitischen Befreiungsschlags, den Trump plant, an die Reagonomics, die eine wirtschaftlich sehr positive Ära war. Auch unter Reagan standen Deregulierung und Steuersenkungen im Zentrum des wirtschaftspolitischen Denkens und damals ist die Verschuldung zunächst ebenfalls gestiegen. Nichtsdestotrotz ist das Wirtschaftswachstum gestiegen und so konnte einiges von der Verschuldung wieder wettgemacht werden. 

Zudem machen wir uns weniger Sorgen als gemeinhin der Markt über die Verschuldung, weil allein die Verschuldungsquote noch nichts aussagt über das tatsächliche Probleme. In dem Moment, in dem eine Notenbank Teile der Staatsschulden über die Notenbankbilanz aufgekauft hat, sind sie faktisch in der Denkweise der Überschuldung nicht mehr existent. Es ist dann völlig irrelevant, wie hoch das Zinsniveau ist: Auf alle Anleihen, die die Fed hält, zahlt der Fiskus der Fed den Zins und die Fed überweist den Zins am Ende des Geschäftsjahres wieder als Notenbankgewinn zurück an den Fiskus. 

Nur die Verschuldung im freien Kapitalmarkt und insbesondere bei ausländischen Gläubigern ist relevant. Hier liegt die Verschuldungsquote in den USA aber nur bei knapp über 70 Prozent vom BIP und lediglich ein Viertel davon ist in ausländischer Hand. Hier ist also noch einiges an Raum für Verschuldung, bis den USA wirklich ernsthafte Probleme drohen würden.

Zollpolitik wie auch die Verschuldungspolitik sind tendenziell inflationär. Solange die Inflationsraten im Rahmen bleiben, muss das nicht unbedingt netto negativ sein für Unternehmen, weil auf der anderen Seite die deutliche wirtschaftliche Stimulation und die Gewinnsteigerung zum Beispiel durch Steuersenkungen steht. Nichtsdestotrotz muss die Fed hier aufpassen. Aber mithilfe der Zinspolitik am kurzen Ende besteht ein scharfes Schwert, dass sie ja auch in den vergangenen zwei Jahren zu nutzen wusste.

Der Ausgang der Wahl spricht klar für US-Aktien, die Börsen haben diese schon vor der Wahl vorweggenommen, nach der Wahl zeigen die Futures in die gleiche Richtung. Long-US-Aktien und hier insbesondere das Stockpicking sind aus unserer Sicht das Vorgehen, das sich nach der Wahl empfiehlt. Es gilt jetzt, die ein oder andere Branche oder das ein oder andere Unternehmen, das von Vergeltungszöllen betroffen sein könnte, rechtzeitig zu identifizieren und möglicherweise zu meiden und die klaren Gewinner der trumpschen Agenda ins Portfolio zu nehmen.

Und auch Europa könnte profitieren. Nicht nur von der wirtschaftlichen Kraft, die möglicherweise entfesselt wird und auf die gesamte Weltkonjunktur ausstrahlen würde. Europa wird mehr denn je gezwungen sein, sich politisch zu reformieren. Hierin besteht eine Chance, auch wenn es zunächst wehtun wird, am Ende ein stärkeres Europa denn je zu schaffen.“ 

Benjamin Bente
Benjamin Bente (Foto: Vates Invest)
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