Trump-Sieg in den USA: Das sagt die Finanzbranche

Joseph V. Amato, CIO – Equities bei dem amerikanischen Asset-Manager Neuberger Berman: „Trump hat angekündigt, dass er die 2017 verabschiedeten Einkommensteuersenkungen verlängern möchte. Ursprünglich sollten diese Ende 2025 auslaufen, was de facto eine große Steuererhöhung für alle Amerikaner bedeuten würde. 2017 wurden die Pauschalbeträge für alle erhöht, der Spitzensteuersatz gesenkt, die Kinderfreibeträge angehoben und die Erbschaftsteuern verringert.

Die Aktienmärkte haben auf die Nachrichten in der Nacht sehr positiv reagiert. Dies dürfte auch an der von Trump angekündigten Steuerpolitik liegen. Joe Amato: „Trump will den Körperschaftsteuersatz auf 15 Prozent senken, zumindest für Unternehmen, die in den USA produzieren. Derart große Steuersenkungen sind nicht zu unterschätzen. Eine Änderung des Körperschaftsteuersatzes um einen Prozentpunkt könnte die Gewinne der S&P-500-Unternehmen um knapp ein Prozent steigen oder fallen lassen. Bei 5 Prozentpunkten würden die S&P-500-Gewinne unter gleichen Bedingungen 2025 anders als bisher angenommen nicht um 15, sondern um 10 bzw. 20 Prozent steigen.“

Für den globalen Handel könnten mit Trump schwerere Zeiten bevorstehen. Joe Amato: „Trumps Ideen beim Thema Außenhandel sind protektionistisch: So gibt es Pläne für einen 60-prozentigen Zoll auf alle Waren aus China und 10 Prozent auf alle anderen Importe. Beim Economic Club of Chicago verschärfte er seine Rhetorik vor allem beim Thema Automobilimporte. Bei Aluminium und Stahl hat Trump davon auch schon 2018 Gebrauch gemacht. Möglicherweise sind Trumps aggressivere Zollpläne aber wohl nur als Ausgangspunkt für Verhandlungen zu verstehen.“

Insgesamt dürfte dieser protektionistische Kurs Trumps die Inflation in den USA wieder anheizen. Joe Amato: „Volkswirte von Goldman Sachs schätzten, dass die Preise einschlägiger Güter allein aufgrund der von der Trump-Regierung eingeführten Zölle der Jahre 2018/2019 um über 3 Prozent gestiegen sind. Selbst ein nur 20-prozentiger Zoll auf Importe aus China würde den Inflationsrückgang auf 2 Prozent um eineinhalb Jahre verzögern. Ein genereller Zoll in Höhe von 10 Prozent würde nach aktuellen Prognosen die Inflation erneut in Richtung 3 Prozent treiben – mit einem Höchststand im Sommer 2026.“

Joe Amato (Foto: Neuberger Berman)

Auf das Haushaltsdefizit, als eine der aktuell größten Herausforderungen der USA, dürfte der Sieg Trumps hingegen nur geringfügige Auswirkungen haben. Joe Amato: „Volkswirte glauben, dass der Wahlausgang keine großen Auswirkungen auf die Entwicklung des Defizits in den nächsten fünf Jahren hat. Bei Trump würde das Defizit geringfügig gesenkt, sofern die Zolleinnahmen das niedrigere Steueraufkommen ausgleichen. […] Die Bereitschaft, Verteidigungs- oder Sozialausgaben zu kürzen, scheint gering. Obwohl das neben den Zinsen zwei der drei größten Posten im Bundeshaushalt sind. Passend zu dem Thema fand das Penn Wharton Budget Model zuletzt viel Beachtung. Nach dessen Schätzungen würden 2 Billionen US-Dollar. Trumps Steuer- und Ausgabenpläne das Primärdefizit in den nächsten zehn Jahren kumuliert um gut 4 Billionen steigen lassen.“

Insgesamt sieht Joe Amato die Auswirkungen der Wahl auf die Wirtschaft eher gelassen: „Ganz allgemein liegt die Vermutung nahe, dass Trump die Wirtschaft etwas stärker wachsen lassen könnte, allerdings dürfte sich auch die Inflationsproblematik nochmal verschärfen. Für Investoren dürften bei einem Sieg Trumps insbesondere Small Caps, Mid Caps und stark regulierte Sektoren wie Energie, Elektrizität, Industrie und Finanzen profitieren. Für Anleiheinvestoren könnte aufgrund neuer Inflationssorgen dieses Szenario eher unschöne Folgen haben.“

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