Insgesamt sind diese Faktoren aus langfristiger Sicht positiv. Trump hat mehrere präsidentielle Anordnungen erlassen, eine Arbeitsgruppe zur Neudefinition der Regulierung eingerichtet und Initiativen zu Stablecoins sowie einer strategischen Bitcoin-Reserve ins Leben gerufen. Dennoch war der Markt enttäuscht, da eine schnelle Lösung und eine sofortige Ankündigung, dass die Regierung Bitcoin kaufen würde, erwartet wurden. In Wirklichkeit wäre jedoch ein Gesetz des Kongresses viel dauerhafter als eine vorübergehende präsidentielle Anordnung.
Zusätzliche Unsicherheiten ergeben sich durch die Diskussionen über Zölle. Auch wenn diese derzeit eher rhetorisch als unmittelbar umsetzbar erscheinen, haben sie Investoren in einen Schwebezustand versetzt. Sollten sie umgesetzt werden, würden sie fast sicher zu Stagflation führen – eine Entwicklung, die zunächst negativ für Bitcoin wäre, da die US-Notenbank (Fed) mit einer restriktiven Geldpolitik reagieren würde.
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Obwohl der Bitcoin-Preis Anfang des Jahres nach Trumps Wahlsieg gestiegen ist, wurde die Marktstimmung – aus meiner Sicht unbegründet – durch die Enttäuschung über die Details der präsidentiellen Anordnungen zu Bitcoin sowie die Unsicherheit über mögliche Zölle getrübt.
Unklar in welche Richtung die FED steuert, das wirkt sich auf Bitcoin aus
Geldpolitik der Fed – Der langfristige „Dot Plot“ der Fed zeigt die große Unsicherheit unter den Mitgliedern, da deren Erwartungen stark auseinandergehen. Das verdeutlicht, dass es wenig Klarheit über den zukünftigen geldpolitischen Kurs gibt. Zudem erleben wir extreme Volatilität am Terminmarkt, wobei die Erwartungen für die erste Zinssenkung des Jahres zwischen Dezember und Juni hin und her schwanken.
Sollten die angedrohten Handelszölle – die bereits das Verbrauchervertrauen erheblich beeinträchtigen – nicht umgesetzt werden, könnten stattdessen deflationäre Effekte durch Musks Dogecoin-Initiativen auftreten, die potenziell zu erheblichen Beschäftigungsverlusten führen würden. Langfristig könnte eine fiskalische Kontraktion zusätzliche deflationäre Druckfaktoren einführen, sodass die Geldpolitik einspringen müsste, um diesen Effekt auszugleichen.
Trump, Milei und KI sind weitere aktuelle Unsicherheitsfaktoren für den Krypto-Markt
Rug Pulls, der Hack & KI – Hochkarätige „Rug Pulls“ (Betrug in der Welt der dezentralen Finanzen ) von Trump und Milei (oder ihren Verbündeten) haben die Marktstimmung weiter belastet, zusätzlich verstärkt durch den Hack der Bybit-Börse mit einem Schaden von 1,4 Milliarden US-Dollar.
Darüber hinaus leidet der Markt unter einer KI-getriebenen Erzählung, wobei Microsofts Entscheidung, Rechenzentrums-Leasingverträge zu kündigen, und der bevorstehende Nvidia-Gewinnbericht zusätzlichen Druck erzeugen. Diese allgemeine Marktunsicherheit hat sich auch auf den Kryptomarkt ausgeweitet, wo Spot-Bitcoin-ETFs in diesem Monat Abflüsse von über 3 Milliarden US-Dollar verzeichnet haben.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Bitcoin negativ auf solche Ereignisse reagiert, selbst wenn sie nur indirekt mit Bitcoin zu tun haben. Historisch gesehen haben sich die Preise jedoch oft schnell wieder erholt.
Die massiven Bitcoin-Abflüsse sind aktuell auch Gewinnmitnahmen
Die Bitcoin-Abflüsse von drei Milliarden US-Dollar sind eine reflexartige Reaktion auf die oben genannten Entwicklungen, wahrscheinlich verstärkt durch Fonds, die den „Basis-Trade“ ausnutzen. Diese Abflüsse müssen jedoch im Kontext betrachtet werden: In den vorherigen 19 Wochen gab es Zuflüsse in Höhe von über 29 Milliarden US-Dollar, wodurch der Bitcoin-Preis um 54 Prozent gestiegen ist (seit der US-Wahl). Es ist also verständlich, dass einige Investoren nun Gewinne mitnehmen wollen. Während die Nettoabflüsse in dieser Woche für Bitcoin- und digitale Asset-ETPs/ETFs bislang insgesamt 2,6 Milliarden US-Dollar betragen (ein neuer Rekord), scheint sich die Auflösung von Basisgeschäften und der Verkaufsrausch größtenteils abzuschwächen.
Ethereum leidet schon lange unter einer schlechten Anlegerstimmung, insbesondere auf der Seite der Privatinvestoren. Betrachtet man die ETF-Zuflüsse für US-Produkte seit deren Einführung nach Trumps Wahlsieg, so haben sich diese wieder ins Positive gedreht. Anekdotisch betrachtet sehen viele europäische Investoren Ethereum als eine attraktive Anlage im Vergleich zu Bitcoin, da es bislang unterdurchschnittlich abgeschnitten hat.
Trotzdem bleibt die Kursentwicklung enttäuschend. Was man über den jüngsten Markteinbruch sagen kann: Er hat praktisch keinen Bereich des Marktes verschont. Solana beispielsweise übertraf Ethereum während des Aufschwungs, schnitt aber nun auch schlechter ab als Ethereum während des Rückgangs – das zeigt sich deutlich im SOL/ETH-Verhältnis. Seit der Einführung der Trump-Coin hat Solana im Vergleich zu Ethereum um 36 Prozent schlechter abgeschnitten. Seit August 2024 haben sich Ethereum und Solana hingegen fast gleich entwickelt. Das zeigt, dass der Marktabschwung allgemeiner Natur ist: Coins mit höherer Volatilität haben überdurchschnittlich verloren, während Ethereum sich aufgrund seiner bisherigen Underperformance relativ gut gehalten hat.
Bewertungstechnisch konkurriert Solana mit Ethereum in entscheidenden Metriken – wie Handelsvolumen, Gebühren und Anwendungsqualität. Darüber hinaus hat es eine möglicherweise agilere und stärker ausgerichtete Entwicklergemeinschaft, wird aber derzeit nur mit 25 Prozent der Marktkapitalisierung von Ethereum bewertet.
Die Solana-Aktivität ist seit ihren Spitzenwerten rund um Trumps Amtseinführung rückläufig. Die jüngste Solana-Libre-Milei-Kontroverse hat kriminelle Aktivitäten innerhalb des Ökosystems offengelegt. Dadurch hat sich das Kapital von Solana auf Ethereum- und Arbitrum-Projekte verlagert, da Investoren diese als sicherere Handelsplattformen wahrnehmen – und das zu Recht. Diese Netzwerke profitieren von ihrer etablierten Resilienz, erprobtem Code, den Sicherheitsgarantien von Layer 1 für ihre Layer-2-Lösungen und einer stärkeren Dezentralisierung.
Zusätzlich könnte die jüngste schwache Preisentwicklung mit der bevorstehenden Freigabe von 11,2 Millionen SOL aus dem FTX-Nachlass im März zusammenhängen – etwa zwei Prozent des gesamten Angebots. Bei den aktuellen Preisen könnte dies Verkaufsdruck von bis zu 760 Millionen US-Dollar bedeuten (unter der Annahme eines 50 prozentigen Verkaufs). Mehrere große Institutionen, die an den ursprünglichen Auktionen teilgenommen haben, darunter Galaxy, Pantera und Figure, halten derzeit Milliarden an nicht realisierten Gewinnen (mit Renditen von 33 Prozent bis 113 Prozent). Es ist daher wahrscheinlich, dass sie ihre Positionen verkaufen wollen, was den Druck auf den Solana-Preis kurzfristig weiter erhöht.
Kurzfristig bleibt SOL unter Druck, langfristiger Ausblick positiv
Sobald die kriminellen Aktivitäten – ähnlich wie beim Zusammenbruch von FTX und 3AC im Jahr 2022 – aus dem Markt gespült wurden und sich die Marktstimmung erholt hat, könnte der Aufwärtstrend wieder einsetzen. Allerdings wird dies noch einige Zeit dauern. Langfristig bleibt der Ausblick positiv: Das „Firedancer“-Upgrade soll die Client-Diversität erhöhen und den Durchsatz verbessern, während sich die Netzwerkeffekte in den Bereichen DeFi, Zahlungen und DePIN weiter verstärken.