Er könnte sich dann als der Premierminister darstellen, der den Briten endlich den ersehnten Brexit geliefert hat, und zwar in der soften, also für alle schonenderen Variante. Es dürfte sein Plan B sein, nachdem Plan A, die Suspendierung des Unterhauses und ein gleichsam dem Zeitmangel geschuldetes Herausrutschen aus der EU ohne Deal zum 31.10., am Widerstand des Parlaments gescheitert ist.
Über den Brexit
Johnson ist schlau genug, immer wieder darauf hinzuweisen, dass ein weicher Brexit, also einer mit Abkommen natürlich viel besser sei als ein harter „no-deal Brexit“, man letzteren aber dennoch einem weiteren Aufschub vorziehe. Damit hat er sich quasi für alle Eventualitäten abgesichert.
Während also auch ein harter Brexit weiterhin nicht ausgeschlossen ist (offenbar arbeitet Johnsons Regierung daran, einzelne EU-Länder zur Ablehnung eines eventuellen Verlängerungsantrages zu nötigen), steigen die Chancen dafür, dass Großbritannien nun doch am 31. Oktober auf der Basis des 570-seitigen, von Theresa May ausgehandelten Austrittsabkommens die EU verlässt. Endlich, möchte man sagen.
Über die EU
Die EU muss nur höllisch aufpassen, auf den letzten Metern nicht noch von Johnson & Co. über den Tisch gezogen zu werden.
In dieser Woche stehen Makrodaten aus den beiden größten Volkswirtschaften der Welt im Mittelpunkt. China legt Wachstumszahlen zum 3. Quartal vor, der Markt rechnet mit einer leichten Verlangsamung auf 6,1%.
In Amerika geben Einzelhandelsumsätze und Industrieproduktionszahlen Aufschluss über die Robustheit der US-Wirtschaft. Wir halten weiterhin eine Rezession für unwahrscheinlich und erwarten, dass niedrige Arbeitslosigkeit und um gut 3% wachsende Löhne die Konsumlaune der Verbraucher hochhalten sollten.
Rezession bleibt unwahrscheinlich
Der private Verbrauch, der für rund 70% der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage steht, hat in den letzten Jahren konstant die höchsten Wachstumsbeiträge geliefert. Selbst wenn also die zuletzt schwachen Frühindikatoren aus der Industrie sich in den harten Daten, etwa in den Outputzahlen dieser Woche, niederschlagen sollten, bleibt angesichts des robusten privaten Verbrauchs die Rezessionsgefahr gering. Dieses Thema wird umso wichtiger – und umso umstrittener – je mehr sich die USA der Präsidentschaftswahl 2020 nähern.
Foto: Blackrock