Der „Trump Trade“ war für viele Anleger gewinnbringend: Nicht nur die auf Rekordkursen befindlichen Kryptowährungen, sondern auch große Teile des US-Aktienmarktes von Technologieaktien bis hin zu industriellen Nebenwerten sind im Aufwind. Im Gegensatz zu wenigen Verlierer-Segmenten wie Pharma und erneuerbare Energien, schwang sich ausgerechnet der deutsche Aktienindex Dax seit der US-Wahl zu einem neuen Höchststand von über 20.000 Zählern auf. Sogar chinesische Titel kamen glimpflich davon.
Letztere Aktienmärkte gelten aufgrund Trumps Protektionismus aber künftig als besonders gefährdet. Schon jetzt schlägt der Präsident einen harten Tonfall an, der vor allem ein Thema kennt: Zölle. Sie sollen das Handelsdefizit der USA gegenüber Ländern wie China, Deutschland und Japan verringern und auch Abhilfe gegen Trumps zweitliebstes Thema – die illegale Einwanderung – schaffen. So verkündete der einstige Immobilienunternehmer Strafzölle von 25 Prozent auf alle Importe aus Kanada und Mexiko, die er erst dann beilegen will, wenn die beiden Nationen ihre Grenzen zu den USA besser sichern. Den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) droht er gar mit Einfuhrzöllen von 100 Prozent, falls sie versuchen, die Macht des US-Dollars als globale Leitwährung zu untergraben.
„Zölle werden uns reich machen“, so Trump jüngst zu seinen Plänen. „Sie kosten uns nichts“, sagte er dem Sender NBC. Vor allem wolle er damit faire Handelsbeziehungen schaffen. Er habe aber auch schon Kriege mit Zöllen gestoppt. Viele Beobachter werden sich unweigerlich an Trumps erste Präsidentschaft und die damals angezettelten Handelskriege erinnern. Bekanntlich ziehen sie Vergeltungsmaßnahmen betroffener Staaten nach sich und sind dadurch sehr wohl kostspielig für die USA. Allein im letzten Jahr importierte das Land Güter im Wert von 560 Milliarden US-Dollar aus China, was beinahe einem Siebtel aller US-Importe entspricht. Bereits jetzt reagierte China auf Trumps Drohungen mit Kartelluntersuchungen gegen den Chipdesigner NVIDIA, dessen Halbleiter weltweit bei KI-Anwendungen führend sind.
Zölle würden US-Firmen zwar vor ausländischer Konkurrenz schützen und dadurch heimische Jobs fördern, aber auch Preissteigerungen erlauben. Gleichzeitig würden dann importierte Vorprodukte die Preise für US-Hersteller treiben, was ebenfalls zu Konsumpreisinflation, oder aber sinkenden Gewinnmargen bei den betroffenen Firmen führen muss. Ein Umsatteln auf US-Wertschöpfungs- und Lieferketten, ist aufgrund der dort höheren Löhne ebenfalls ein teures Unterfangen. Viele industrielle Wertschöpfungsketten sind in den USA über Jahre verkümmert, sie wiederaufzubauen wäre teuer und langwierig. Selbst die 51 Milliarden US-Dollar hohen Investitionen des CHIPS-Act machten die US-Halbleiterfertigung bekanntlich noch nicht zum bevorzugten Lieferanten für amerikanische Tech-Konzerne wie Apple und Co.
Letztendlich treiben Zölle die Kosten und dadurch die Inflation an. Im Gegensatz zu Trumps erster Präsidentschaft, als die Teuerung kaum auf ein gesundes Level zu heben war, wäre ein Anstieg der Inflationsrate aus heutiger Sicht bei der Bevölkerung höchst unbeliebt. Die bislang starke Konsumnachfrage in den USA könnte dadurch zurückgehen und die Wirtschaft abkühlen. US-Exportprodukte würden, entgegen Trumps Bestrebungen, auf der Weltbühne sogar an Boden verlieren.
Die durch die Zölle steigenden Importpreise können zumindest teilweise durch den starken Dollar kompensiert werden und auch US-Arbeitsplätze begünstigen. Wobei die USA laut dort angesiedelten Firmen weiterhin unter einem Fachkräftemangel leiden, der sich durch Trumps Einwanderungspolitik noch verschärfen dürfte. Eine offizielle Untersuchung der US-Notenbank Fed legt nahe, dass Trumps Zölle ab 2018 ein Nullsummenspiel für die US-Industrie darstellten. Arbeitsplätze, die wegen der heimischen Nachfrage aufgebaut wurden, fielen aufgrund von Kostensteigerungen an anderer Stelle wieder weg.
Seit geraumer Zeit zeigen die USA, dass ein Handelsdefizit weder die Wirtschaft noch die Kapitalmärkte gegenüber anderen Industrienationen zurückhält. Deutschland und Japan weisen zwar einen Handelsüberschuss auf, aber auch eine labile Wirtschaft und verglichen mit den USA schwache Börsen.
Trotz der Handelskriege sollten Anleger aber nicht davon ausgehen, dass die US-Börsen ihre Vormachtstellung verlieren. Schon 2018 konnte sich die Wall Street gut behaupten. Doch es wird erneut Firmen geben, die in einem inflationären Umfeld ihre Preise und Margen steigern können, während Unternehmen, die steigende Kosten schlucken müssen, einen Margenrückgang erleben werden.
Auch Anleihen bleiben spannend
Eine uneinheitliche Entwicklung und Volatilität wären die absehbaren Folgen an den globalen Märkten. Ausländische Exportbrachen, darunter asiatische Industrien, aber auch deutsche Automobilhersteller, die Trump laut seiner Wahlkampfaussagen zu US-Firmen umwandeln will, dürften besonders leiden, während der US-Energiesektor und Krypto-Assets vorerst nur wenig zu befürchten haben. Am Aktienmarkt könnte nun endlich die vielbeschworene Zeit der Stock-Picker unter den Fondsmanagern gekommen sein, die weltweit zwischen Gewinnern und Verlierern der Handelskriege unterscheiden und auch bei Strukturbrüchen handlungsfähig bleiben.
Doch auch Anleihen bleiben spannend, obwohl ein durch die Zölle anhaltend hoher Inflationsdruck weltweit die Notenbanken davon abhalten dürfte, die Leitzinsen allzu stark zu senken. Geht man davon aus, dass der Preisdruck im Rahmen bleibt, können Anleger weiterhin von relativ hohen Zinskupons profitieren, ohne aber Leitzinserhöhungen fürchten zu müssen. Angesichts des hohen Schuldenstandes und der eheblichen Zinslast auf die Staatshaushalte, dürften sowohl die US-Fed als auch die EZB Zinserhöhungen bis auf weiteres vermeiden. Zwischenzeitliche Renditeanstiege bei Anleihen bieten sogar Einstiegschancen. Jedoch gilt auch hier der Grundsatz der weltweiten Diversifikation, da die Kurse von US-Anleihen je nach Währungs- und Inflationsentwicklung weiter schwanken können.
Zudem bleibt Anlegern erstens der Trost, dass Trumps Strategie keine unbekannte Variable mehr ist, zweitens scheinen die Börsen ihm viel zu verzeihen und drittens muss sich erst noch zeigen, ob Zölle wirklich ein guter Deal sind oder letztendlich Handelsabkommen geschlossen werden müssen.
Tim Bröning ist Mitglied des Beirats der Fonds Finanz Maklerservice GmbH.