Wie bewerten Sie das Vertriebsjahr 2024 für die Gewerbeversicherung?
Stephan: Das Segment für Gewerbeversicherungen bietet gute Wachstumschancen für Versicherer. Die Allianz tritt hier mit einem umfangreichen Angebot an Produkten, Services und fairen Preisen sowie dem Versprechen von Sicherheit an.
Mit Erfolg: Die Allianz konnte 2024 im Markt wachsen und Tausende von Neukunden gewinnen. Auch, weil uns eine besondere Wettbewerbsfähigkeit auszeichnet: Sowohl die Betriebs- und Berufshaftpflicht, die Inhaltsversicherung als auch die Firmen-Rechtsschutzversicherung haben ein FFF+ bei Franke und Bornberg – also in allen Sparten die beste Ratingklasse „hervorragend“. Daneben haben sich auch viele Kundinnen und Kunden aktiv um ihren Versicherungsschutz gekümmert, indem sie wechselten oder ihre Deckungen erweitert haben.
Welche Trends sehen Sie derzeit in der Gewerbeversicherung? Welche Sparten sind derzeit besonders attraktiv für den Vertrieb?
Stephan: Unsere „Dauerbrenner“ Firmen-Haftpflicht-, Inhalts- oder die Gebäudeversicherung sind weiterhin sehr gefragt und werden von den meisten unserer Kundinnen und Kunden abgeschlossen. Verstärkt nachgefragt werden auch die Versicherung gegen Ertragsausfall, die Technische Versicherung oder Transportdeckungen. Als neuen Trend sehen wir klar Nachfragen nach nachhaltigen Deckungen wie zum Beispiel dem Umwelt- und Nachhaltigkeitsbaustein in der Gebäudeversicherung der Allianz.
Können Sie konkrete Aussagen über anstehende Prämienanpassungen und die Gründe dafür machen? In welchen Bereichen müssen Kunden mit höheren Prämien rechnen?
Stephan: Die Inflation führt dazu, dass viele Schäden mittlerweile deutlich teurer werden – und sich damit noch stärker auf das Unternehmen oder den Betrieb auswirken, wenn sie überhaupt nicht versichert wären. Allein das macht einen umfassenden Schutz grundsätzlich wichtig. Im Schadenfall wirkt sich die Inflation auf (fast) alle Produkte und Branchen aus, wenn es um die Regulierung geht: Warenwerte der Kunden steigen, das wirkt sich auf die Kosten für eine Wiederbeschaffung aus, wenn sie zum Beispiel bei einem Brand zerstört werden. Rohstoff- und Baupreise steigen schon länger massiv, die Kosten für Reparaturen, Gutachter und Anwälte nehmen zu. All das wird bei der Prämienkalkulation – neben anderen, individuellen Faktoren wie dem Versicherungsumfang – berücksichtigt und wirkt sich auf die Ermittlung einer Versicherungsprämie aus. Die Allianz passt ihre Preise bzw. Prämien für ihre Versicherungsangebote an diesen gestiegenen Schadenbedarf angemessen an.
KI wird im Bereich der gewerblichen Versicherungen immer beliebter, welche Auswirkungen sehen sie hier für die nächsten Jahre? Wie profitieren Kunden (und Makler) davon?
Stephan: Digitale Services und KI-gestützte Prozesse sorgen für eine schnelle Regulierung im Schadenfall. Die Allianz nutzt diese vor allem im Kfz- und Flottenbereich, um den Schadenservice der Allianz noch effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten: Mit der Video-Begutachtung können Kundinnen und Kunden Schäden schnell und bequem per Smartphone dokumentieren und bewerten lassen – das macht einen Vor-Ort-Termin unnötig. Bei Massenschadenereignissen setzen wir zum Beispiel Hagelscanner ein – damit ist auch eine große Anzahl an Fahrzeugen rasch zu begutachten. Gerade die KI-gestützte Bearbeitung bis hin zur vollständigen Abwicklung von Schäden ist bei manchen Versicherungsprodukten bereits Realität. Ein Beispiel ist die Tierkrankenversicherung. Um komplexe Schäden, wie sie bei Unternehmen eher auftreten, entsprechend abzuwickeln, wird es sicherlich noch etwas dauern. Aber auch hier sind wir dabei Lösungen zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse unserer Firmen- und Gewerbekunden abgestimmt sind.
Erwarten Sie eine Zunahme der nutzungsabhängigen Versicherung, bei der die Prämien auf der Grundlage des tatsächlichen Nutzungsverhaltens und nicht auf der Grundlage versicherungsmathematischer Prognosen berechnet werden?
Stephan: Wir bieten bereits Mechanismen an, um Beiträge an eine tatsächliche Nutzung anzupassen: Ein Beispiel aus dem Bereich Haftpflichtversicherung: Die Kundin oder der Kunde gibt an, fünf Mitarbeiter zu haben. Ändert sich hieran etwas und es sind drei oder sieben, wird die Versicherungsprämie entsprechend nachträglich erstattet oder angehoben. Neue, ausschließlich nutzungsabhängige Versicherungen oder Zusatzbausteine planen wir darüber hinaus im Firmensegment nicht.
Auf der DKM klagten Maklerverbände, dass sich bestimmte gewerbliche Risiken nicht mehr versichern lassen, weil sich die Anbieter zurückgezogen haben. Wie groß ist dieses Problem?
Stephan: Wir sind in der Sachversicherung – wie auch schon in den vergangenen Jahren – nur bei wenigen kritischen Betriebsarten zurückhaltend. Allerdings haben wir klare Anforderungen an Brandschutz: Wenn ein Kunde hier auf adäquaten Schutz verzichtet, tun wir uns mit Rücksicht auf das Versichertenkollektiv sehr schwer mit der Zeichnung.
Das Interview führte Oliver Lepold, Dipl. Wirtschaftingenieur und freier Finanzjournalist mit den Schwerpunkten Vertrieb und Versicherungen.