Cash. sprach mit Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter der Ratingagentur Franke und Bornberg, über die neuen Entwicklungen in der privaten Unfallversicherung, die Konzeptvielfalt und die daraus resultierenden Herausforderung für den Vertrieb.
Cash.: Sie haben den Markt der Unfallversicherung umfassend durchleuchtet. Wie viele Tarife gibt es aktuell, welche stechen besonders hervor?
Franke: Wir haben aktuell rund 400 Angebote von über 100 Anbietern bewertet. Wir prüfen dabei das gesamte Leistungsspektrum eines Unfalltarifs von A wie Assistance bis Z wie zukünftige Bedingungsänderungen – also sogenannte Update-Garantien.
Im Rahmen des Ratingverfahrens teilen wir die Produkte anhand bestimmter Merkmale je nach Leistungsniveau in die beiden Kategorien Grundschutz und Topschutz ein.
Für unsere Spitzenbewertung FFF muss ein Tarif neben einer durchgängig hohen Bewertung in den rund 60 Einzelkriterien noch spezielle Mindeststandards erfüllen. Aktuell erreichen etwa 30 Prozent der Produkte dieses Top-Niveau – erfreulicherweise mit steigender Tendenz.
Welche Trends und neuen Entwicklungen sehen Sie im Bereich Unfallsicherungen?
Der Trend geht eindeutig zu einem Plus an Leistung. Viele Versicherer bieten mittlerweile mehrere Tariflinien an mit abgestuften Leistungsversprechen und damit auch verschiedenen Preisniveaus.
Gerade die Toplinien werden dabei immer weiter aufgerüstet, sei es durch steigende Höchstbeträge zum Beispiel für Bergungskosten oder kosmetische Operationen, stetige Erhöhung des leistungsunschädlichen Mitwirkungsanteils von Krankheiten oder der Ausweitung des Unfallbegriffs.
Diese Spirale dreht sich immer weiter und aus unserer Sicht ist hier auch noch kein Ende abzusehen. Ein weiterer Trend führt zu einer gänzlich anderen Systematik des Leistungsversprechens mit einer Entschädigungsleistung des Kunden nach Art der Haftpflichtversicherung. Ob sich dieses neue Konzept der Unfallversicherung durchsetzen wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Sie sprechen von einer sehr komplexen Produktlandschaft, die auch die Beratung extrem anspruchsvoll macht. Wem nutzt diese Vielfalt und macht sie überhaupt noch Sinn?
Franke: Grundsätzlich ist eine große Vielfalt an Angeboten mit unterschiedlichen Leistungsniveaus natürlich zu begrüßen, da es dadurch gelingen kann, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen.
Nicht jeder Kunde wünscht sich schließlich das High-end-Produkt mit allen möglichen Einschlüssen, das dann jedoch auch entsprechend viel kostet.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Kernleistung der Unfallversicherung nicht aus dem Blick gerät und kundenindividuell auf das richtige Zusammenspiel von Versicherungssumme, Progression und Gliedertaxe geachtet wird.
Seite zwei: Auflösung des klassischen Unfallbegriffs