Unfallversicherungen: Für den Fall der Fälle

„Durch die Renten- oder Krankenversicherung sind hierfür teilweise nur Zuschüsse vorgesehen. Um hier nicht auf die Ersparnisse zurückgreifen zu müssen, ist die Kapitalleistung einer Unfallversicherung eine große Hilfe. Erfahrungswerte zeigen, dass ein Leben mit einer Behinderung rund 1,5-mal teurer ist als ein Leben ohne“, sagt Gouberkow. Ein Krankentagegeld decke lediglich den Zeitraum der Genesung unmittelbar nach dem Unfall. Es kompensiere mögliche kurzfristige Einkommensausfälle, aber nicht die Mehrkosten für ein Leben mit einer Behinderung. Und eine Risikolebensversicherung stellt eine Todesfallsumme nach Krankheit oder Unfall zur Verfügung. „Für lebenslange Behinderungen ist eine Risikolebensversicherung nicht gedacht“, betont Gouberkov.

Dimitar Gouberkov ist Bereichsleiter Unfallversicherungen bei Ergo

Wie in vielen anderen Sparten des Kompositbereichs entwickeln sich auch die Unfallprodukte stetig weiter. „Die Tarife werden umfassender und klassische KO-Kriterien fallen weg. Der Trend geht so weit, dass viele Gesellschaften auf eine Gesundheitsprüfung verzichten oder diese stark vereinfacht haben. Zusätzlich erhöhen immer mehr Gesellschaften ihre Grenzen bei der Berücksichtigung von Krankheiten oder Gebrechen. Für die Vermittler bedeutet das ein klares Plus an Beratungssicherheit und macht die Unfallversicherung für die Kunden transparenter“, erklärt Christine Schönteich, Geschäftsführerin beim Maklerpool Fonds Finanz, München.

Die aktuelle Entwicklung zeigt aber auch, dass der klassische Unfallbegriff ausgedient hat. Immer mehr Unfalltarife bieten ein breites Leistungsspektrum, das über den reinen Unfallbegriff hinaus geht. „Corona hat beispielsweise die Themen Infektionen und Folgen von Schutzimpfungen in den Vordergrund gerückt. Des Weiteren bieten immer mehr Gesellschaften auch ohne eine dauerhafte Beeinträchtigung Sofortleistungen an. Im Fokus der Anbieter steht auch die Weiterentwicklung von Assistance-Leistungen nach einem Unfall. Etwa werden die Leistungen rund um die Alltags- und Rehaorganisation erweitert“, sagt die Vertriebsexpertin.

Das weite Feld der Unfallversicherung

Eine direkte Folge der Weiterentwicklung ist eine Diversifikation in der Produktlandschaft. So gibt es Tarife für Kinder, für Singles, für Familien oder Senioren. „Ein Kind ist im Alltag anderen Gefahren ausgesetzt als beispielsweise ein Senior. So wird es für den Senior wichtig sein, ob Kosten für die Nachhilfe oder Rooming-in übernommen werden“, sagt Andreas Ludwig, Bereichsleiter Produkt und Analyse beim Hofheimer Analysehaus Morgen & Morgen.

Ob hingegen Unfälle aufgrund eines Herzinfarkts oder Schlaganfalles mitversichert sind, dürfte hingegen wohl schon eher auf Interesse bei der Zielgruppe Senioren stoßen. „Bei Personen über 65 Jahren gehört ein Sturz zudem zu den häufigsten Gründen für eine Einlieferung ins Krankenhaus. Abgesehen von einem deutlich längeren Heilungsprozess ergeben sich auch diverse andere Probleme, mit denen ein Kind so nicht zu kämpfen hat. Gerade weil der Vermittler zu einer bedarfsgerechten Beratung verpflichtet sind, ergeben die unterschiedlichen Tarifvarianten Sinn“, sagt Ludwig.

Zu den neuesten Angeboten im Markt gehört derzeit der Unfalltarif Best Gold der HanseMerkur. „Es müssen keine Gesundheitsfragen beantwortet werden, es gelten nur zehn Krankheiten wie Multiple Sklerose, Alkohol- und Drogensucht, aber auch Epilepsie und Diabetes als Ausschlusskriterium“, erklärt HanseMerkur-Vertriebsvorstand Eric Bussert im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Tarif sei genau für den Makler konzipiert, der sich mit seiner starken Beratungsleistung, zum Beispiel bei der Auswahl der Gliedertaxe oder der Optimierung der Progression, vom Online-Vertrieb absetzen möchte, so Bussert. „Wir gehen mit dem Produkt Best hier sehenden Auges einen anderen Weg als Neo Insurer.“ (Siehe dazu das Interview).

Die Alte Leipziger bietet aktuell in der Unfallversicherung die drei Tarifvarianten Compact, Classic und Comfort an. „Die Tarifvarianten unterscheiden sich hauptsächlich im Leistungsumfang, was selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Preis hat“, sagt Kai Waldmann, Vorstand für das Privat-Sachgeschäfts bei der Alte Leipziger Versicherung AG. „Die Tarifvariante Compact bietet einen Grundschutz, der sich an die Mindeststandards des GDV richtet. Er ist sehr preisgünstig im Vergleich zu den anderen Varianten. Zudem wird auf eine Gesundheitsprüfung verzichtet, was die Versicherung von kranken Menschen an dieser Stelle vereinfacht“, so Waldmann. Die Classic-Variante sei der bisherige Verkaufsschlager.

Der Tarif biete ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. „Der Leistungsumfang ist erheblich besser als der des Compacts und kostet deshalb auch etwas mehr“, so der Vorstand. Die Comfort-Variante bietet den umfassendsten Versicherungsschutz. Neben dem Verzicht der Anrechnung von Krankheiten und Gebrechen bietet diese Tarifvariante auch bei Schäden, die zu keinem Invaliditätsgrad führen, durch das Schmerzensgeld bei Knochenbrüchen Versicherungsschutz. Ebenso sind in dieser Tarifvariante automatisch unsere Pakete Hilfe & Pflege und Rehamanagement inkludiert und bieten dem Kunden vor allem Assistance-Leistungen. Weil sich der Markt weiterentwickelt, arbeitet der Versicherer mittlerweile an einem neuen Unfallprodukt. „Unser aktuelles wurde 2017 eingeführt. Wir befinden uns jedoch in der Produktentwicklung für unser neues Unfallprodukt“, sagt Waldmann. Marktstart für den neuen Tarif soll Ende 2022 sein.

Auch die Haftpflichtkasse bietet ihren Unfalltarif Einfach in den drei Leistungsstufen Einfach Gut, Einfach Komplett und Einfach Besser mit aufsteigenden Deckungsinhalten an. Die Tarife sind auf alle Altersgruppe ausgerichtet. „Hierbei sind auch die speziellen Risiken der verschiedenen Lebensabschnitte versichert. Für Kinder und Senioren haben wir separate Deckungseinschlüsse im Angebot“, erläutert Haftpflichtkasse-Leiter Wagner. Gesundheitsschäden durch Corona-Schutzimpfungen sind allerdings nur in den Tariflinien Komplett und Besser versichert. Die Infektion ist dagegen nicht versichert. Wer den Tarif digital verwaltet und auf Papierkorrespondenz verzichtet, bekommt zusätzlich einen Rabatt von fünf Prozent. „Die hierdurch entstandene Kosteneinsparung geben wir an den Kunden weiter“, sagt Wagner.

Auch bei Domcura können die Versicherungsnehmer zwischen drei Tarifen wählen: Standard-Schutz, Komfort-Schutz und Top-Schutz. Beim der Grundabsicherung sind Infektionen gegen Tetanus oder Tollwut ebenso mitversichert wie Unfallschäden durch erhöhte Kraftanstrengungen, bei denen Muskel oder Sehnen reißen. Der Komfort-Schutz baut mit seinen Leistungen auf dem Standard-Produkt auf. Highlights sind etwa die Mitversicherung von Infektionen nach geringfügigen Verletzungen. Dazu gehören Insektenstiche oder Bisse etwa durch Zecken, die Absicherung von Unfallschäden durch erhöhte Kraftanstrengung bei denen Menisken und Knochen geschädigt werden sowie eine Sofortleistung bei Schwerverletzungen in Höhe von 10.000 Euro.

Beim Top-Schutz sind etwa Unfälle durch Bewusstseinsstörungen, durch epileptische Anfälle, Übermüdung, Erschrecken oder Ohnmacht abgesichert. Im Top-Schutz ist der umfassende Versicherungsschutz zusätzlich beitragsfrei um den Baustein First-Aid erweitert. Dazu gehören etwa stationäre Krankenhauskosten bei Inanspruchnahme eines Ein- oder Zweibettzimmers. Oder die Kosten einer privatärztlichen Behandlung wegen einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung in einem Krankenhaus inklusive der notwendigen Operationskosten.

Einen anderen Weg wählt die Ergo. Der Versicherer setzt beim Generationentarif nur noch auf ein Bedingungswerk und zwei Tariflinien. „Altersbedingte Einschränkungen werden nicht vorgenommen“, sagt Gouberkov. Basis bilden die zwei Tariflinien Smart und Best. Die unterscheiden sich lediglich durch das jeweils fix unterlegte Progressionsmodell: 300 Prozent im Smart, 600 Prozent im Tarif Best. „Beide Modelle erbringen jeweils bereits ab 70 Prozent Invalidität die Leistung für eine Vollinvalidität“, erklärt der Ergo-Mann.

Die Grundsumme der Kapitalleistung ist bei beiden Varianten frei wählbar. Hinzu kommt ein umfangreicher Grundschutz, der ohne zusätzlichen Beitrag jeder versicherten Person zur Verfügung steht. Und eine Differenzdeckung für alle Assistenzleistungen. Abschließen lassen sich die Tarife ab Geburt. Zudem gibt es kein Höchsteintrittsalter. Für handwerklich tätige Personen gibt es die beiden Gefahrengruppen A und B. „Sämtliche Zusatzbausteine mit allen Bausteinen können in Smart oder Best hinzugewählt werden“, sagt der Experte.

Seite 3: Was eine gute Unfallversicherung ausmacht

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