Union Investment erwartet steigende Zinsen

Die Zinsprognosen für die USA haben sich mit dem überraschenden Ausgang der Präsidentschaftswahlen grundlegend geändert. Mit Union Investment erwartet eine weitere führende Fondsgesellschaft mittelfristig wieder steigende Zinsen.

Jens Wilhelm sieht eine Trendwende am Rentenmarkt voraus.
Jens Wilhelm sieht eine Trendwende am Rentenmarkt voraus.

„Die Talsohle bei den Zinsen ist durchschritten. Die Renditen werden moderat steigen“, sagt Jens Wilhelm, im Vorstand der Union Asset Management Holding AG zuständig für Portfoliomanagement und Immobilien.

Eine leichte Beschleunigung der wirtschaftlichen Aktivität gepaart mit anziehenden Inflationserwartungen in Europa und den USA setzt demnach im Jahr 2017 den Rahmen für die Börsen.

„Ein Ende des Niedrigzinsumfelds zeichnet sich damit noch nicht ab. Denn im historischen Vergleich bleiben die Zinsen vor allem in der Eurozone niedrig“, ordnet Wilhelm die Entwicklung ein. „Wir erleben aber eine spürbare Veränderung.“

Daneben sieht er die politische Unsicherheit sowie die stärker divergierende Geldpolitik im Euroraum und in den USA als wesentliche Einflussfaktoren für 2017. „Flexibel und international anlegen ist das Gebot der Stunde“, rät der Kapitalmarktstratege.

„Die US-Präsidentschaftswahlen endeten mit einem Paukenschlag, der enorme Auswirkungen auf die Kapitalmärkte im kommenden Jahr hat“, betont Wilhelm. „Seit klar ist, dass Donald Trump ins Oval Office einzieht, preisen die Börsen anziehende Inflationsraten ein.“ Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die neue Regierung durch Ausgabenprogramme die Konjunktur kurzfristig anschieben und die Teuerung in den Vereinigten Staaten befeuern wird.

Trump und US-Konjunktur: Kurzfristig positive Effekte

Wilhelm plädiert für einen genauen Blick auf die zu erwartenden Veränderungen: „Man muss kurzfristige und langfristige Auswirkungen auf das US-Wachstum unterscheiden. Für 2017 ist tatsächlich mit einem zusätzlichen Wachstumsschub von circa ein Prozent zu rechnen.“

Andererseits wächst das Staatsdefizit durch die hohen Ausgaben. Zudem kostet verstärkter Protektionismus mittelfristig Wachstum und schwächt die Wirtschaft. „Die Quittung kommt erst später und spielt daher an der Börse noch keine Rolle“, erläutert Wilhelm. Insgesamt dürfte der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den USA mit 1,8 Prozent im kommenden Jahr überschaubar bleiben. „Mit Trumps Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik werden die langfristigen Probleme der US-Wirtschaft nicht gelöst“, betont der Experte. „Die schwache Produktivitätsentwicklung und die geringe private Investitionstätigkeit bleiben auch in Zeiten staatlicher Ausgabeprogramme große Hemmschuhe.“

Fed: Zinserhöhungen voraus, aber der Dollar bremst

Die Zinsprognosen für die USA haben sich mit dem überraschenden Ausgang der Präsidentschaftswahlen grundlegend geändert. Wilhelm rechnet nun mit bis zu drei Anhebungen der Leitzinsen durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed): „Der Zinsschritt im Dezember ist so gut wie sicher. Im kommenden Jahr dürften dann ein bis zwei weitere folgen.“

Einen steileren Zinsanhebungspfad hält er hingegen für unwahrscheinlich, zumal die Fed auch die weitere Entwicklung des US-Dollars genau verfolgen dürfte. „Wir sehen den US-Dollar in einer Phase der Stärke und halten die Parität gegenüber dem Euro für möglich“, so Wilhelm. „Ein aufwertender Dollar bremst das Wachstum, das wird die Fed nicht unberücksichtigt lassen.“

US-Renditen steigen mit abnehmender Dynamik

Wilhelm rechnet mit moderat steigenden Renditen bei US-Staatsanleihen: „Zum Jahresende erwarten wir bei den Papieren mit zehnjähriger Laufzeit ein Renditeniveau von 2,8 Prozent.“ Die USA bewegen sich somit in Richtung eines Zinsniveaus, das zuletzt Ende 2013 erreicht wurde.

Europa unter politischer Spannung

Beim Blick auf Europa hebt der Kapitalmarktstratege die politischen Risiken hervor, stehen doch mit Frankreich, den Niederlanden und Deutschland Wahlen in drei wichtigen Euro-Ländern an: „Die Populisten sind auch in Europa auf dem Vormarsch, und in Sachen Brexit hat noch keiner einen Plan. Politischer Dauerstress ist somit vorprogrammiert“, betont Wilhelm. Dabei wird es nach seiner Einschätzung immer schwerer, politische Ereignisse und vor allem deren Wirkung auf die Kapitalmärkte zu antizipieren. Umso wichtiger sei ein flexibler, reaktionsschneller Investmentansatz. (tr)

Foto: Union Investment

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