„Unsere primäre Aufgabe ist die Absicherung existenzieller Risiken“

Wo liegen für Sie als Versicherer vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Szenarien die großen Herausforderungen? Insbesondere in den Segmenten Hausrat- und Wohngebäudeversicherung.

Reddemann: Diese Entwicklung ist nicht ganz neu. Über die letzten Jahre verzeichnen wir einen gewissen Trend hinsichtlich extremer Wetterereignisse. Nicht unbedingt in der Häufigkeit, aber der Intensität dieser Ereignisse.

Und darauf reagieren wir als Versicherer natürlich. In die Risikokalkulation für unser Angebot geht eine Vielzahl an „historischen Daten“ ein und dadurch werden Trends sozusagen eingepreist. Wir gehen also davon aus, dass die Ereignisse hinreichend berücksichtigt werden.

Eine GDV-Auswertung zum Versicherungsschutz deutscher Haushalte zeigt, dass 17 Prozent der Haushalte ohne Privathaftpflichtversicherung, 24 Prozent ohne Hausratversicherung und 57 Prozent der Hausbesitzer ohne Elementarschadenversicherung sind. Auch die Absicherung gegen Cyberrisiken spielt immer noch keine Rolle. Haben Sie eine Erklärung, warum die Menschen das mögliche Gefahrenpotenzial nicht sehen?

Reddemann: Typischerweise liegt eine Fehleinschätzung reeller Risiken dann vor, wenn man selbst oder das Umfeld noch keine Erfahrung mit den Folgen einer Unterversicherung gemacht hat. Dieses Phänomen bemerken wir etwa auch bei der Nachfrage zur Absicherung von Cyber-Risiken.

Nahezu alle Anfragen zu unserem Cyberprodukt bekommen wir von Privatpersonen und Unternehmen, die selbst betroffen oder Zeuge eines Ereignisses waren. Beim Thema Elementarschadenversicherung denke ich, dass wir noch mehr Aufklärung betreiben müssen, als in der letzten Zeit bereits über Kampagnen etwa des GDV geschehen.

Viele Kunden glauben, über die Wohngebäude- oder Hausratversicherung abgesichert zu sein oder denken gar nicht darüber nach. Da sind Makler und Versicherer gefordert.

Der Geschäftsbereich Komposit ist komplex und herausfordernd. Nun stellt die Digitalisierung den Markt auf den Kopf. Wie stark beeinflusst die digitale Transformation das SHU-Geschäft?

Reddemann: Ich würde nicht sagen, dass die Branche grundlegend auf den Kopf gestellt wird. Aber natürlich beeinflusst die zunehmende Digitalisierung der Welt auch das Versicherungsgeschäft. Jeder Versicherer muss überlegen, an welchen Stellen er die Werkzeuge und Potentiale, die die Digitalisierung bringt, für sich nutzt.

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern hilft uns dabei unsere Kernkompetenz – die datenbasierte Risikoeinschätzung und eine schlanke Verwaltung – weiter zu optimieren. In der Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung können wir zum Beispiel die Einteilung in verschiedene Risikozonen deutlich genauer und feiner vornehmen.

Gleichzeitig kann durch die intelligente Verwendung von externen Daten, wie Kartendienste, die Menge an Risikofragen reduziert werden. Beispielsweise kann automatisch bestimmt werden, wie nah das nächste fließende Gewässer oder die nächste Feuerwehrstation ist. Neben den vielfältigen Potentialen hat die zunehmende Digitalisierung aber auch ein völlig neues Risiko hervorgebracht: die Cybergefahr.

Und die ist für Privatpersonen, Kommunen, Staaten bis hin zu Großkonzernen relevant. Die Liste der Unternehmen, die bereits Opfer eines Cyberangriffs geworden sind, ist lang und jeden Tag kommen neue Cyberattacken hinzu.

 

Seite 3: Wie die VHV Digitalisierung versteht

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