Nach dem Brexit-Referendum steht auf dem Frankfurter Parkett mit der Berichtssaison für das erste Halbjahr 2016 ein weiteres Großereignis an. In den Großkonzernen arbeiten seit Freitag viele Controller und Buchhalter eifrig daran, die Bilanzen für die ersten sechs Monate zu erstellen. Der Rademacher-Kommentar
Für die Investoren sind die Zahlen von entscheidender Bedeutung, sind diese doch ein gutes Spiegelbild, wie es um die Konjunktur und die wirtschaftliche Verfassung von vielen börsennotierten Gesellschaften steht.
Zu Beginn der Saison treten zunächst die amerikanischen Firmen mit ihren Zahlenwerken an die Öffentlichkeit. Am schnellsten ist traditionell der Aluminiumgigant Alcoa, der am 11. Juli seine Halbjahresbilanzen vorstellt. Zwischen dem 14. und 19. Juli folgen dann die amerikanischen Großbanken JPMorgan Chase, Bank of America und Goldman Sachs, die als Gradmesser für die Entwicklung der US-Finanzbranche gelten. Ab Ende Juli werden dann die Dax-Konzerne vermehrt über ihre Geschäftsentwicklung berichten.
Die Spannung ist auch in Frankfurt groß
In der Mainmetropole sind viele Investoren wegen der anstehenden Saison bereits recht nervös. Nicht selten fallen oder steigen die Kurse, wenn ein Halbjahresbericht negativ oder positiv überrascht innerhalb weniger Minuten um mehr als zehn Prozent. Die Bilanzen in den USA wirken sich ebenfalls auf die Notierungen bei den Dax-Firmen aus. Dank der automatischen Handelssysteme reagiert der Dax bereits innerhalb weniger Millisekunden auf die Ereignisse an Wall Street.
Im ersten Quartal konnten die US-Firmen die Börsianer alles andere als überzeugen. Gegenüber der Vorjahresperiode reduzierten sich die Nettogewinne im Durchschnitt um immerhin fünf Prozent. Hierfür gab es gleich mehrere Gründe. Zum einen schmälerte der starke US-Dollar die Gewinne der Exporteure erheblich. Sie konnten umgerechnet in heimischer Währung weniger erlösen. Zum anderen drückte der massiv gesunkene Ölpreis auf die Margen der Förderunternehmen.
Ausblick ist in den USA gedämpft
Die jetzigen Halbjahresberichte dürften von diesen negativen makroökonomischen Entwicklungen ebenfalls beeinflusst werden, weshalb der Dax Gegenwind von der Wall Street erhalten dürfte. Allerdings dürfte das Sentiment ab Ende Juli in den Frankfurter Handelsräumen wieder deutlich besser werden, wenn die heimischen Firmen ihre Karten auf den Tisch legen. Insgesamt schätzen viele Experten die Gewinnaussichten für die deutschen Gesellschaften positiv ein. Sie profitieren gleich von mehreren Faktoren. Neben den deutlichen Reallohnsteigerungen, die den Binnenkonsum beflügelten, unterstützte die lockere Geldpolitik der EZB sowie der überwiegend schwache Euro die Exporteure.
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Deshalb sollten die international agierenden Dax-Konzerne bis auf einige Ausnahmen überwiegend gut abgeschnitten haben, weshalb sie in der Lage sind, die bereits reduzierten Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Die negativen Auswirkungen des Brexit-Referendums, das erst eine Woche vor Quartalsende entschieden wurde, dürften hierbei noch kaum eine Rolle spielen. Da sich die positiven konjunkturellen Rahmenbedingungen trotz der gestiegenen politischen Unsicherheit nur unwesentlich verschlechtern dürften, sehen die mittelfristigen Aussichten für den deutschen Leitindex positiv aus.
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