Zur Verfassung der US-Immobilienmärkte befragte Cash. exklusiv Professor Raymond G. Torto, den globalen Chefvolkswirt des Immobiliendienstleisters CB Richard Ellis mit Hauptsitz in Los Angeles.
Cash.: Wie ist derzeit die Stimmung unter den Playern auf den US-Immobilienmärkten? Wird eine Aufwärtsbewegung erwartet oder dominiert das Gefühl, dass das Schlimmste noch bevorsteht?
Torto: Der Markt hat Lebenszeichen gezeigt – insbesondere in den vergangenen 90 Tagen. Es wurden Entscheidungen getroffen und das Investmentvolumen zieht an. Tatsächlich sehen wir derzeit einen gewissen Rückgang bei den Nettoanfangsrenditen – für Core-Objekte. Die Marktlage muss man allerdings scharf von dem Bilanz-Problem, wie ich es nenne, abgrenzen. Das wird sich in Kürze offenbaren. Immobilienbesitzer werden niedrigere Marktwerte ihrer Objekte zur Kenntnis nehmen müssen. Die Anpassung ist in diesem Bereich bislang nur teilweise vollzogen.
Cash.: Sind Gewerbeimmobilien derzeit finanzierbar?
Torto: Die Situation ist besser als in 2009. Neuerwerbungen werden finanziert – und das auch zu vernünftigen Raten.
Cash.: Welche Probleme erwarten Sie bei auslaufenden Krediten?
Torto: Objekte, die vor der Krise gekauft wurden, haben dramatische Wertverluste hinnehmen müssen, meist bis unterhalb des Kreditwerts. Daher muss für Kreditverlängerungen zusätzliches Eigenkapital aufgebracht werden. In solchen Situationen sind die Besitzer zu Verhandlungen mit den Banken gezwungen. Ansonsten verlieren sie die Kontrolle über das Objekt an die Bank.
Cash.: Wie wirkt die allgemeine wirtschaftliche Situation auf die Märkte, insbesondere auf die Nachfrageseite?
Torto: Die Wirtschaft ist fragil, aber erholt sich. Die Fundamentaldaten der Immobilienmärkte sind immer noch schwach, schwächen sich mittlerweile aber langsamer ab. Das ist ein Zeichen für eine Wende. Es wird erwartet, dass die Leerstandsraten ihren Höhepunkt in diesem oder dem nächsten Quartal erreichen.
Cash.: Wie werden sich allgemein die Teilbereiche Büro, Einzelhandel und Wohnen in 2010 entwickeln?
Torto: Der Wohnungsmarkt zeigt als erster Erholgungstendenzen. Im ersten Quartal sind die Leerstände gefallen und die Mieten in vielen Märkten gestiegen. Der Einzelhandelsmarkt durchlebt sowohl eine zyklische als auch eine strukturelle Anpassung. Letztere ist auf die überdimensionierte und überladene Situation im Einzelhandel zurückzuführen. Der Büromarkt verfällt ebenfalls noch weiter. Von den drei Teilbereichen haben Wohnen und der Einzelhandel Leerstandsraten über den historischen Höchstständen, während der Bürobereich aufgrund der geringen Neubauzahlen unter diesen liegt.
Cash.: Welche Investmentmärkte innerhalb der einzelnen Immobilientypen empfehlen Sie konkret?
Torto:Im Büro-Bereich beispielsweise die Innenstädten von San Francisco, Fort Worth und Austin. Für Einzelhandelsinvestments ebenfalls Austin sowie San Jose und Charlotte. Im Apartmentbereich ist Charlotte ebenfalls attraktiv. Weitere Märkte sind Boston und Denver.
Cash.: Bieten sich derzeit gute Kaufmöglichkeiten?
Torto: veräußern nicht zu Notverkaufspreisen. 2010 ist allerdings ein Jahr der Wende. Entscheidend bleibt, wie die wirtschaftliche Erholung verläuft.
Cash.: Glauben Sie an ein Comeback der US-Core-Immobilienfonds?
Torto: Ein konservativ kalkuliertes Core-Objekt mit einem Top-Mieter ist natürlich ein guter Indikator für regelmäßige Erträge. Um derartige Flächen gibt es allerdings einen enormen Wettbewerb.
Wann werden sich die Märkte komplett erholt haben?
Torto: Nicht bevor sie wieder ihren vorhergehenden Vermietungshöchststand wiedererlangt haben. Das wird nach 2015 sein.
Cash.: Sind Green Buildings ein Investment mit Zukunft?
Torto: Ja, dort gibt es ein sehr großes Interesse seitens der Mieter.
Interview: Thomas Eilrich
Foto: CB Richard Ellis