US-Inflation ist wohl über den Berg, nicht so in Europa

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Bereits nachhaltig sinkende Inflation in den USA?

Die heute Nachmittag veröffentlichten US-Verbraucherpreistrends zeigen einen stärkeren Rückgang der amerikanischen Gesamtinflation als die Konsensschätzung es erwarten ließ. Die Preissteigerungsrate ging von 9,1 Prozent im Juni auf 8,5 Prozent im Juli zurück. Der Chefstratege von Merck Finck Robert Greil erwartet den Höhepunkt der Inflation in Europa inklusive Deutschlands erst zum Jahresende.

Der Markt hatte einen Rückgang auf 8,7 Prozent antizipiert. Ohne Energie und Nahrungsmittel blieb die Kerninflation mit 5,9 Prozent stabil zum Vormonat, während Volkswirte hier durchschnittlich mit einem leichten Anstieg gerechnet hatten.

Damit erwiesen sich – auf Basis zuletzt überwiegend rückläufiger Rohstoffpreistrends unter anderem im Öl- und Agrarbereich – vor allem die Energie-, aber auch die Nahrungsmittelkomponenten im Juli gegenüber dem entsprechenden Vorjahrsmonat als weniger verbraucherpreistreibend als noch im Juni. Insbesondere der klare Rückgang der Benzinpreise spielte eine wichtige Rolle. Während die wichtige Mietpreiskomponente weiterhin spürbar zulegte, entspannten sich die schwankungsintensiveren Gebrauchtwagenpreise. Auch bei Gütern insgesamt (inklusive Bekleidung), sowie im Transportbereich (z.B. Flugtickets, Mietwägen) und Dienstleistungen wie Hotelübernachtungen war der Preisdruck im Juli rückläufig.

Wir gehen nun weiterhin davon aus, dass die US-Inflationsrate ihren Höhepunkt im aktuellen Zyklus im Juni gesehen hat. Darauf deuten nicht nur die in den vergangenen Monaten überwiegend rückläufigen Preistrends sowohl im Energie- (vor allem bei Öl), Metall- und Agrarbereich hin. Vielmehr lässt der industrielle Preisdruck nach. Dies sieht man unter anderem am Einbruch der Preiskomponente der Einkaufsmanager-Befragung des Institute for Supply Management für das verarbeitende Gewerbe vom Juli. Und Chinas weiterhin klar rückläufige Produzentenpreise („Werkbank der Welt“) deuten ebenfalls auf weiter abnehmenden Güter-Inflationsdruck im Westen hin.

Während wir uns damit in unserer Prognose, dass die US-Inflation bereits im Juni ihren Höhepunkt gesehen hat, bestätigt sehen (die Kerninflation hatte bereits im März ihr bisheriges Hoch markiert), erwarten wir dies in Europa inklusive Deutschlands erst später, vermutlich gegen Jahresende. Schließlich treibt hier anders als in den USA die Gas-Krise insbesondere die Gas- und Strompreise in die Höhe, was auch bei vielen Gütern und Dienstleistungen den Preisdruck bis auf weiteres höher als in Amerika hält. Wir rechnen per Jahresende 2023 mit 3,2 Prozent Gesamtinflation in den USA und 3,5 Prozent in der Eurozone.

Für die Fed bedeuten die heutigen Zahlen nach dem starken Juli-Arbeitsbericht vom Freitag einen weiteren wichtigen Datenpunkt, der den Druck für einen weiteren Leitzinsschritt von über 50 Basispunkten nach oben erst einmal etwas nimmt. Wir rechnen bis zum Jahresende unverändert mit insgesamt noch 100 Basispunkten nach oben und damit weniger, als die Märkte einpreisen. Ende 2023 dürfte es dann aus unserer Sicht in den USA vermutlich bereits wieder die erste Leitzinssenkung geben.

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