Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für eine sanfte Landung der US-Wirtschaft nach der ersten, durchaus deutlichen Zinssenkung der Fed als Hauptszenario für die meisten Marktteilnehmer noch zugenommen hat, so bleibt es eine in der Historie nur selten gelungene Konstellation nach einem abgeschlossenen Zinszyklus. Für das letzte Mal muss man schon ins Jahr 1995 zurückgehen, als sich der Leitzins der Notenbank zuvor von drei auf sechs Prozent binnen zwölf Monaten verdoppelte, sich nachfolgend aber keine Rezession mit entsprechend negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eingestellt hat.
Bei aller Vorsicht mit historischen Vergleichen, könnte man die enormen Investitionen in den 1990iger Jahren in die Internet- und Mobilfunktechnologie mit dem jüngsten Investitionsschub beim allgemeinen Ausbau der Digitalisierung sowie insbesondere in die AI-Technologie gleichsetzen, jeweils mit der Perspektive, deutliche Produktivitätsschübe zu generieren.
Aber auch strukturelle Ursachen könnten dafür sorgen, dass nach dreißig Jahren das Kunststück eines Soft Landing tatsächlich wieder gelingt, denn die Gesamtwirtschaft hat sich in diesem Zeitraum – je nach Region mehr oder weniger deutlich – von den Industriesektoren weiter in Richtung der Dienstleistungsbranchen verlagert. Dementsprechend ist die Divergenz zwischen den seit geraumer Zeit tendenziell negativen Frühindikatoren im verarbeitenden Gewerbe und den bis dato anhaltend positiven Signalen im Servicebereich einzuordnen. Und so ist es auch zu erklären, dass insbesondere die US-Wirtschaft nach wie vor ein robustes Wirtschaftswachstum aufweist, obwohl auch dort der Produktionsbereich schwächelt.
Generell mangelt es nicht an Risikofaktoren, die eine globale Rezession, wenn auch zeitverzögert und trotz aller Bemühungen der Notenbanken, doch noch auslösen könnten. Neben den weiter eskalierenden geopolitischen Konflikten, die jederzeit das Potenzial haben, das globale Wirtschaftsgeschehen gehörig negativ zu beeinträchtigen, könnten auch über einen längeren Zeitraum unterbrochene Lieferketten für Preisdruck und damit neue Irritationen sorgen. Zumindest kurzfristig ebenso nicht zu vernachlässigen, wäre eine, wie auch immer geartete, erhöhte Unsicherheit im Zuge der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten.