Der Euro kletterte nach der verschobenen Zinswende im Vergleich zum US-Dollar auf dem höchsten Stand seit Ende August. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete zuletzt 1,1410 US-Dollar und damit deutlich mehr als vor der Entscheidung der Fed am Donnerstagabend. Von einer Zinsanhebung hätte der Dollar gegenüber dem Euro tendenziell profitiert, weil die Geldanlage in den USA attraktiver geworden wäre.
Fues erwartet Zinsschritt im Frühjahr
ZEW-Präsident Clemens Fuest hat die Fed vor einem Verlust der Glaubwürdigkeit gewarnt. „Sie kann nicht immer wieder Zinserhöhungen ankündigen und sie dann verschieben“, sagte Fuest am Freitag im Deutschlandfunk.
Der Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung glaubt, dass die Fed, wenn nichts Unvorhergesehenes geschehe, spätestens im nächsten Frühjahr den ersten Zinsschritt gehen müsse. „Ich denke, gefährlich wird es erst, wenn die Inflation ansteigt und man dann nicht handelt“, betonte Fuest. Er sei fest davon überzeugt, dass die Zinswende kommen werde.
Lang glaubt nicht an Schubkraft
Auch Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank, rechnet „irgendwann“ mit einem Zinsschritt. „Aber wir glauben nicht, dass damit auch tatsächlich langfristig eine Schubkraft für die Kapitalmärkte verbunden wäre. Denn eine Erhöhung würde ohnehin nur im minimalen Bereich erfolgen – das würde dann sicher auch für die weiteren Folgeschritte in den kommenden Monaten gelten“, erwartet er.
Eine andere Taktik könne sich die USA auch gar nicht erlauben. Sie sei im Prinzip gefangen in ihrer eigenen Zinsstarre, denn eine tatsächliche Wende in der Politik des billigen Geldes könne die Erholung am US-Immobilienmarkt ins Wanken bringen. Außerdem würde bei steigenden US-Zinsen und gleichzeitig einem Null-Zins-Kurs in der restlichen Welt der US-Dollar sehr stark an Wert gewinnen, so Lang.
„Zwei Konsequenzen wären dann naheliegend: Zum einen brächen die US-Exporte weg; zum anderen würden aus den Schwellenländern sehr hohe Geldbeträge abfließen und dort einen dramatischen konjunkturellen Einbruch herbeiführen. Und das könnte die gesamte Weltwirtschaft schwer in Mitleidenschaft ziehen“, betont Lang. Er ist der Überzeugung, dass die US-Notenbank nicht bereit ist, diese Risiken einzugehen. (kb/dpa-AFX)
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