Greg Kolb, Portfolio Manager und CFO bei Perkins Investment Managers, und Tom Reynolds, Analyst bei Perkins, kennen den Markt für US-amerikanische Finanzdienstleister aus dem Effeff. Wohin die Reise geht.
Viele kleine Institute haben ein fokussiertes Geschäftsmodell und schreiben trotz Finanzkrise solide Gewinne. Doch sind Bankaktien nach über vier Jahren Finanzkrise eine gute Anlage?
„Chancen sehen wir derzeit vor allem bei kleineren Regionalbanken in den USA. Im Vergleich zu den großen US-Geschäfts- und Investmentbanken sind viele dieser Institute deutlich gesünder und nach unserer Einschätzung mehr ‚plain vanilla’, denn sie verfügen über ein klar fokussiertes Geschäftsmodell, haben minimale Risiken innerhalb ihres Kreditportfolios, sind gut kapitalisiert und günstig bewertet“, so Kolb.
Vorsicht oberstes Gebot
Grundsätzlich raten die beiden Experten bei Finanztiteln jedoch zur Vorsicht. Viele Geldhäuser seien zwar nach dem Kurseinbruch gemessen an ihrem Kurs-Buchwert- und Kurs-Gewinn-Verhältnis günstig bewertet.
Deswegen sind sie unter risikoadjustierten Gesichtspunkten aber nicht automatisch ein attraktives Investment. Es kommt sehr genau darauf an, sich das Geschäftsmodell anzuschauen, ebenso wie das makroökonomische Umfeld, in dem das Institut tätig ist.
US-Banken punkten
Punkten können unter diesem Gesichtspunkt US-Banken. Denn auch wenn sich die US-Wirtschaft immer noch schwer tut, in Schwung zu kommen, zeigt der Konjunkturtrend eindeutig aufwärts. Vor allem am Immobilienmarkt hellen sich die Perspektiven auf.
Die Aktienkurse vieler europäischer und amerikanischer Großbanken haben sich allerdings nach der rasanten Talfahrt in der ersten Jahreshälfte seit dem Sommer bereits deutlich erholt. Kursgewinne von 50 oder gar 60 Prozent seit Ende Juli sind keine Seltenheit. Der Kurs der Bank of America hat sich im laufenden Börsenjahr sogar annähernd verdoppelt.
Systemische Risiken in Europa
Dagegen seien in Europa die systemischen Risiken für den Finanzsektor kaum abzuschätzen, solange die Schuldenproblematik weiterhin ungelöst ist und tiefgreifende Reformen innerhalb der Europäischen Union auf sich warten lassen.
Davon betroffen sind nicht nur europäische Institute, sondern auch US-Banken mit starkem Europageschäft. „Im Moment glauben wir, dass die Investoren das Downside-Risk in Europa nicht ausreichend beachten“ gibt Kolb zu bedenken.
So sei in vielen europäischen Ländern der Finanzsektor im Verhältnis zur Höhe des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes zu hoch. Nach Berechnungen machen zum Beispiel die gesamten Assets der US-Bank J.P. Morgan gerade mal 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der USA aus, die französische BNP Paribas kommt dagegen auf eine Quote von 70 Prozent des BIP Frankreichs.
Für europäische Regierungen sei es daher viel schwerer, im Krisenfall die Banken des Landes zu retten, weil die finanziellen Lasten kaum zu stemmen sind. (fm)
Foto: Janus Capital Group