Am 24. Januar, wenige Tage nach dem Amtsantritt von Donald Trump, titelte das Wall Street Journal: „Stock Investors like Trump 2.0“. Die frühe Euphorie ist mittlerweile verflogen: „Wall Street Fears Trump Will Wreck the Soft Landing“ lautete die Überschrift vom 10. März. Was ist passiert? Zunächst einmal hat sich die US-Konjunktur schwächer entwickelt als erwartet. Gestützt auf robuste Wachstumsprognosen – der Internationale Währungsfonds beispielsweise hatte seine Schätzung für die USA erst im Januar auf 2,7 Prozent angehoben – und zweistellige Gewinnerwartungen für den US-Aktienmarkt waren die Anleger voller Optimismus für die USA ins Jahr gestartet. Die seither veröffentlichten Konjunkturdaten zeichnen allerdings ein wesentlich blasseres Bild.
Der für die US-Wirtschaft so wichtige private Konsum schwächelt. Die Einzelhandelsumsätze sind im Januar um 0,9 Prozent, die realen Konsumausgaben um 0,5 Prozent gefallen. Gleichzeitig hat sich das Konsumentenvertrauen im Januar und Februar deutlich eingetrübt. Es fällt auf, dass die Angst vor steigender Inflation zugenommen hat. Nach einer stärkeren Phase Ende 2024 hat auch die Dynamik am Arbeitsmarkt nachgelassen, der Beschäftigungszuwachs lag im Januar und Februar bei 125.000 bzw. 151.000. Die Bautätigkeit war gemessen an allen gängigen Indikatoren rückläufig. Der US-Einkaufsmanagerindex wurde von den bislang robusten Dienstleistungen (55,4 im Dezember, 52,7 im Januar, 51,6 im Februar) nach unten gezogen.
Derartige Schwächephasen sind gerade in den Wintermonaten nicht selten. Was die Entwicklung für die Märkte diesmal aber brisant macht, ist die zunehmende Sorge um die Zukunft. Die Börse reagierte außerordentlich verschnupft auf Einlassungen von Donald Trump, dass die Zölle zu wirtschaftlichen Belastungen für die Verbraucher führen könnten und dass auf dem Weg zu einer besseren Zukunft zeitweise Turbulenzen möglich seien.
Donald Trump hat viele Marktteilnehmer mit seinen aggressiven zollpolitischen Vorstößen kalt erwischt. Mit massiven Zöllen und allgegenwärtigen Drohungen riskiert Trump internationale Lieferketten und Handelsbeziehungen, treibt die Kosten und verprellt befreundete Staaten und Verbündete. Das Hin und Her in der Handelspolitik sorgt für zunehmende Verunsicherung in der eigenen Wirtschaft und dämpft die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.
Hinzu kommen die Eingriffe des DOGE („Department of Government Efficiency“) unter Elon Musk in den Verwaltungsapparat – die mittlerweile sogar den Kabinettskollegen zu viel werden. In den ersten beiden Monaten des Jahres ist rund 62.000 Mitarbeitern des Bundes gekündigt worden, Newsweek berichtet von 220.000 angekündigten Jobstreichungen im laufenden Jahr.
Sollten tatsächlich Leistungen in den angedeuteten Dimensionen – Musk sprach von Einsparungsmöglichkeiten infolge betrügerischer Inanspruchnahme im Umfang von 500 bis 700 Milliarden US-Dollar – gestrichen werden, dürfte das die Verunsicherung der Verbraucher noch weiter verschärfen. Alles in allem könnte das aggressive Vorgehen der Musk-Behörde auf diese Weise gesamtwirtschaftlich relevantes Störpotenzial entwickeln.
Besondere Schwäche der Technologiewerte
Die US-Aktienmärkte reagieren auf die Politik der Trump-Administration der ersten Wochen mehr als verschnupft. Die hohen Bewertungen des US-Marktes einerseits und zunehmende wirtschaftliche Risiken andererseits lassen die Anleger ihre Positionierung überdenken. Tatsächlich sind erhebliche Portfolioumschichtungen aus den USA nach Europa und Asien zu beobachten. Selbst der stark unter Beschuss stehende kanadische Markt hält sich besser als der der USA.
Eine Auffälligkeit der jüngsten Börsenentwicklung ist die besondere Schwäche der Technologiewerte. Die berühmten „Magnificent 7“ beispielsweise notieren nach Berechnungen von Bloomberg derzeit rund 13 Prozent unter ihrem Stand zu Jahresbeginn, der Gesamtmarkt gemessen am S&P 500 liegt „nur“ 4,3 Prozent niedriger (alle Angaben Total Return). Für diese relative Schwäche könnten drei Faktoren eine Rolle spielen: Erstens könnte es eine Relativierung der wirtschaftlichen Perspektiven angesichts der chinesischen Fortschritte bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sein („DeepSeek“-Schock). Zweitens könnte es mit dem hohen Gewicht der Technologiewerte zusammenhängen, insofern diese Werte als Proxy für den Gesamtmarkt verkauft werden. Drittens könnte es auf eine hohe Abhängigkeit des Technologiesektors von ausländischen Komponenten zurückzuführen sein.
In der Anlagepolitik setzen wir derzeit einen stärkeren Schwerpunkt bei europäischen Werten, zulasten von US-Aktien. Wir halten jedoch an unserer grundsätzlich positiven Einschätzung von Technologiewerten, insbesondere mit KI-Bezug, aufgrund ihrer Ertragskraft und ihres langfristigen Wachstumspotenzials fest. Für langfristig orientierte Anleger bleibt Technologie nach unserer Überzeugung ein Kerninvestment. Die anspruchsvolle Bewertung macht den Markt aber anfällig für Korrekturen.
Jan Viebig ist Chief Investment Officer von Oddo BHF.