Es ist eine immer wieder aufs Neue geführte Diskussion: Rechtfertigen die Ergebnisse, die aktive Fondsmanager mit ihren Strategien erzielen, die Gebühren, die sie für ihre Dienstleistungen verlangen, oder sind Anleger mit den kostengünstigeren indexbasierten Produkten nicht doch besser bedient? Gastkommentar von Michael J. Fleisher, Legg Mason
Der Grund, warum die Antwort auf diese Frage auch nach Jahren des Für und Wider immer noch lautet, „es kommt darauf an“, mag auch an der Art und Weise liegen, wie die meisten aktiven Aktienmanager ihre Strategien umsetzen. In der Regel nutzen sie einen definierten Investmentprozess, bei dem sie sich darauf konzentrieren, Aktien zu identifizieren, von denen sie denken, sie hätten das Potenzial, besser abzuschneiden als der Markt oder eine Benchmark. Die Schwierigkeit ist, dass sie sich während der verschiedenen an diesen einmal definierten Prozess halten. Viele Fondsmanager geben zwar zu, dass es Marktphasen gibt, in denen ihr Ansatz weniger gut funktioniert. Doch tolerieren sie diese Phasen, ohne ihren Ansatz anzupassen, mit der Argumentation, die langfristigen Ergebnisse über einen kompletten Marktzyklus hinweg wären, was letztendlich zähle.
Das ist zwar richtig, und eine solche Strategie kann in den Händen erfahrener Manager über einen längeren Zeitraum ohne Frage Überrenditen erzielen. Doch ist das wirklich der einzige Weg? Ist es nicht möglich, sich einerseits auf einen disziplinierten Investmentprozess zu konzentrieren und trotzdem die verschiedenen Phasen eines Marktzyklus zu berücksichtigen? Wir glauben, es ist möglich – mit einem verbesserten Ansatz des traditionellen aktiven Managements und einem Prozess, der auf konsistente Überrenditen abzielt, indem er sowohl die Analyse fundamentaler Faktoren berücksichtigt, als auch das aktuelle Marktumfeld mit einbezieht.
Zwei Valuephasen existent
Anfang der 2000er hat unser Research-Team damit begonnen, die Idee näher zu untersuchen, dass es während eines Marktzyklus verschiedene Phasen von Bewertungs-Streuung gibt. Bei genauerer Analyse dieser Phasen über einen vollen Marktzyklus hinweg konnten wir beobachten, dass sich bestimmte Portfolio-Charakteristika unter manchen Marktbedingungen besser entwickelten als andere. Ein umfassendes Research hat dann gezeigt, dass die US-Value-Benchmark, der Russell 1000, zwei ausgeprägte Value-Phasen aufweist, die wir als Broad- und Deep-Value klassifiziert haben. Zudem konnten wir feststellen, dass einige fundamentale Faktoren in einer der beiden Value-Phasen besser abschnitten als in der anderen.
Was heißt das konkret? Ein Broad-Value-Umfeld zeichnet sich durch eine enge Bewertungs- Streuung unter individuellen Aktien aus, die dann weiter wird. Ein Broad-Value-Umfeld findet man häufig in den späten Phasen eines Bullenmarktes. Zu diesem Zeitpunkt des Zyklus sind die individuellen Gewinn-Dynamiken der Unternehmen deutlich wichtiger als große Bewertungsabschläge. Unser Research zeigt, dass ein Portfolio, das sich auf Qualitätsmerkmale wie die Eigenkapitalrendite oder die relative Preisstärke konzentriert, in einem Broad-Value-Umfeld besser performt.
Deep-Value häufig in frühen Phasen das Bullenmarkets
Umgekehrt zeichnet sich ein Deep-Value-Umfeld durch eine weite, sich wieder verengende Bewertungs- Streuung unter individuellen Aktien aus. Ein Deep-Value-Umfeld tritt häufig während der frühen Phasen eines Bullenmarktes auf, wenn es noch signifikante Bewertungsanomalien gibt, die somit Value-Chancen kreieren. Die Rückkehr zum Mittelwert, auch Mean Reversion genannt, setzt dann ein, wenn diese deutlich mit Abschlag gehandelten Wertpapiere den Markt in die Höhe treiben und damit die Bewertungs-Spreads wieder verengen.
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Auf das Portfoliomanagement übertragen können diese Erkenntnisse traditionelles aktives Management verbessern. Denn eine Strategie, die dies berücksichtigt, kann sowohl einen Faktor-getriebenen Ansatz als auch die Analyse des aktuellen Marktumfelds einbeziehen. Aus unserer Sicht bietet sich Anlegern somit ein disziplinierter Prozess, , der sich den Veränderungen des Marktumfelds durch den Wechsel zwischen dem Broad-und Deep-Value-Modell anpasst. Oder anders ausgedrückt: ein einzigartiger Ansatz, um in ein Portfolio aus Value-Aktien großer Marktkapitalisierung zu investieren. Michael J. Fleisher ist Fondsmanager des Legg Mason Brandywine Global
Foto: Legg Mason