Drei wesentliche Faktoren sprechen dafür, dass Value weiterhin Rückenwind bekommt: Erstens steigende Inflationserwartungen, wie wir sie aktuell erleben. Denn Value-Unternehmen erzielen ihre Gewinne in der Regel in naher Zukunft, während bei Growth-Firmen vor allem längerfristige Gewinnfantasien eine Rolle spielen. Und in einem Umfeld anziehender Inflation ist Geld zum aktuellen Zeitpunkt mehr wert als in der Zukunft. Zweitens sind steigende Kapitalmarktzinsen tendenziell förderlich für Value-Werte. Drittens haben viele Portfolios aktuell einen Growth-Überhang, weil sich Growth in den vergangenen Jahren wie gezeigt deutlich besser entwickelt hat. Auf diesen Zug sind Anleger zunehmend aufgesprungen, so dass heute vielfach ein gewisser Growth-Bias vorherrscht, der sich wieder auf ein ausgewogeneres Niveau zurückbilden sollte. Insofern dürfte die aktuelle Rotation aus Growth- hinein in Value-Aktien anhalten. Wir erwarten, dass Value-Werte in den kommenden Monaten vermehrt Anlagechancen bieten werden.
Rechtzeitige Positionierung ermöglicht Mehrrenditen
Dementsprechend haben wir das Portfolio des Schroder ISF Global Multi-Asset Balanced bereits im vierten Quartal 2020 stärker in Value-Aktien positioniert – und wir halten daran fest. Gleichzeitig haben wir unser Growth-Exposure reduziert. Aus regionaler Sicht setzen wir nun vermehrt auf europäische und japanische Werte, die generell eher zyklischen Charakter haben. Aus Branchensicht haben wir unter anderem bei Banken aufgestockt, weil diese von einer steileren Zinsstrukturkurve profitieren. Auch im Rohstoffsektor haben wir Positionen aufgebaut. Dabei liegt unser Fokus auf Energiewerten und Industriemetallen, da diese vom Konjunkturaufschwung besonders profitieren dürften. Zudem sind Small- und Mid-Caps attraktiv. Auch wenn sich die Value-Growth-Debatte vor allem um Aktien dreht: Der eigentliche Ausgangspunkt der Value-Rotation ergibt sich aus der erwarteten konjunkturellen Erholung, die durch ein steigendes Zinsumfeld begleitet werden sollte. Deshalb haben wir auch im Anleihen-Bereich die Zinssensitivität deutlich verringert und global Zinsstrukturkurven-Trades aufgesetzt. Dabei gehen wir von einer steiler werdenden Zinsstrukturkurve aus. Dementsprechend setzen wir am kurzen Ende auf steigende Kurse und am langen Ende auf fallende Kurse.
Eine flexible Kombination ist der Schlüssel zum Erfolg
Das Beispiel des Schroder ISF Global Multi-Asset Balanced zeigt: Eine übergeordnete Sichtweise, die Growth- und Value-Investments grundsätzlich in Betracht zieht, lohnt sich. Denn sie ermöglicht, Portfolios vielfältiger aufzustellen und dadurch bessere risikobereinigte Renditen zu erzielen. Das ist entscheidend und gewinnt tendenziell weiter an Bedeutung. Denn angesichts der Liquiditätsschwemme infolge der Finanz- und Corona-Krise bewegen sich verschiedene Anlageklassen zunehmend gleichförmig, sprich: Die Korrelationen steigen. Angesichts dessen ist es umso wichtiger, Diversifizierungspotenzial innerhalb der einzelnen Anlageklassen zu nutzen. Die aktuellen Entwicklungen bei Growth und Value bestätigen uns in unserer Auffassung, dass dies neben Regionen und Branchen auch über Investmentstile sehr gut möglich ist. Hier nimmt das Potenzial sogar zu, wie die beschriebenen Entwicklungen zeigen.
Anleger können drei Schlüsse ziehen
Unter dem Strich lassen sich aus den Kapitalmarktentwicklungen der vergangenen Monate drei Schlüsse ziehen: Erstens sprechen verschiedene Argumente dafür, dass die Outperformance zyklischer Value-Aktien anhält. Daher bietet es sich an, Portfolios stärker darauf auszurichten. Zweitens gilt dies nicht nur für den Aktienmarkt, auf den sich die aktuelle Debatte großenteils bezieht. Auch bei Anleihen-Investments ist es möglich und aktuell eine Überlegung wert, einen zyklischeren Schwerpunkt zu wählen. Drittens wäre es zu vereinfacht, je nach Marktumfeld ausschließlich im Value- beziehungsweise Growth-Segment Anlagechancen zu suchen. Daher bietet sich eine flexible Investmentstrategie an, die Opportunitäten je nach Marktumfeld möglichst umfassend wahrnehmen kann. Für Anleger, die nicht über die dafür erforderlichen Kenntnisse beziehungsweise Ressourcen verfügen, können Multi-Asset-Fonds mit entsprechenden Ansätzen eine Lösung sein.
Auch für Warren Buffett hat es sich offenbar ausgezahlt, dass er neben Value-Investments vor einiger Zeit auch Growth-Chancen nutzte: Laut „Forbes“-Liste knackte das Vermögen des Star-Investors im Frühjahr 2021 die Marke von 100 Milliarden Dollar – etwas, das außer ihm aktuell nur auf vier Menschen weltweit zutrifft.
Autor Ingmar Przewlocka ist Fondsmanager des Schroder ISF Global Multi-Asset Balanced.