Das Börsenjahr 2025 hat begonnen. Läuft die Trump-Rallye jetzt richtig los?
Külps: Insgesamt haben wir extrem starke Jahre hinter uns und wir sind sicherlich in einem Markt, wo Bewertungen eher am höheren Ende sind, gerade in den USA. Die Gewinnerwartungen haben weiterhin ein positives Momentum und es stellt sich die Frage, ob sich das fortsetzen lässt. Auf einmal kommt eine Nachricht wie DeepSeek, und Gewinnerwartungen werden infrage gestellt und der Markt korrigiert. Gleichzeitig findet derzeit ein Produktivitätswachstum in den USA statt, sowohl auf der Unternehmensseite, als auch auf der Arbeitsmarktseite. So hat es die USA geschafft, Wachstum und Inflation auszubalancieren – wir sehen ein Soft Landing. Lässt sich dieses Momentum beibehalten? Das ist für mich die Schlüsselfrage für 2025.
Gerade in den USA ist ein enormer Optimismus zu spüren. Sind die Anleger zu sorglos?
Külps: Nein, sorglos, glaube ich, ist man nicht. Wenn man auf Märkte historisch zurückblickt, kann man sagen, dass hohe Bewertungen allein nicht der Auslöser für eine stärkere Korrektur sind. Diese sind wirtschaftspolitisch oder durch einen Schock getrieben. Gerade, wenn Bewertungen hoch sind, aber das Momentum aus Gewinnwachstum und Produktivitätssteigerung hoch bleibt, können Märkte auch recht lange hohe Bewertungen beibehalten. Grundsätzlich sehen wir die Märkte in Europa derzeit deutlich günstiger bewertet als die USA und erwarten, dass wir auf Zehn-Jahres-Sicht damit auch auf dem europäischen Kontinent eine etwas höhere Aktienrendite erwirtschaften können als in den USA.
Schauen wir auf die Emerging Markets. Peking müht sich nach Kräften, Chinas Wirtschaft wieder flott zu machen. Erwarten Sie in 2025 eine deutliche Erholung im Reich der Mitte?
Külps: Die größte Schwierigkeit für China sind die schwache Inlandsnachfrage, die Probleme im Immobiliensektor und eine alternde Gesellschaft. Die erstgenannten Faktoren gilt es zu überwinden, um auch das Vertrauen der Privathaushalte zurückzugewinnen, damit wieder mehr Momentum entsteht. Es gibt noch große strukturelle Probleme, die angegangen werden müssen. Die Frage ist natürlich, ob das, was die Regierung jetzt tut, wirklich ausreicht. Wir erwarten ein Grundwachstum in China von ungefähr 4,2 Prozent in 2025. Durch weitere politische Maßnahmen erwarten wir, dass wir ein Wachstum von fast 4,75 Prozent sehen könnten, doch verlangsamte Handel und mögliche Zölle drücken das erwartete Wachstum auf 4,5 Prozent. Damit sind wir unter den Markterwartungen und auch ein wenig unter dem Momentum. Bei einem Wachstum von 4,5 statt 5 Prozent Wachstum stellt sich die Frage, wie der chinesische Markt und der Aktienmarkt das aufgreifen. Wir als Unternehmen finden Indien spannender. Da erwarten wir über fünf Prozent Wachstum im kommenden Jahr. Auch, wenn dort die Märkte stärker gelaufen sind und die Bewertungen etwas höher sind, sind wir optimistisch für Indien, weil wir sehen, dass das Wachstumsmomentum dort ausgeprägter ist.
Kommen wir zum Thema Multi Asset. Es hieß einmal 2024 da das Jahr für Multi Asset. War es das aus Ihrer Sicht?
Külps: Es war auf jeden Fall ein gutes Jahr. Zum Beispiel hat unser LifeStrategy 60/40 ETF, der 60 Prozent globale Aktien und 40 Prozent globale Anleihen beinhaltet, in 2024 14,7 Prozent Performance erzielt. Ich glaube, damit kann man sich schon sehen lassen. Anhand dieses und anderer Produkte haben wir gesehen, dass sich mehr Anleger an die Multi-Asset-Produkte heranwagen. Wir haben die LifeStrategy Produktreihe jetzt über drei Jahre am Markt und haben 1,3 Milliarden an Assets under Management mit einem sehr positiven Wachstum. Auch in Deutschland werden mittlerweile viele Sparer zu Investoren – hier nutzen viele Anleger ETFs für den ersten Schritt. Aber wir sehen, dass ein ganz großer Teil darüber hauptsächlich nur in Aktien investiert ist. Wir betrachten das mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn man sollte auch andere Assetklassen mit in Betracht ziehen, um eine gute Diversifizierung zu erzielen. Auch Anleihen sollten mit in den Fokus genommen werden. Warum? Wir erwarten, dass globale Aktienmärkte im Schnitt über die nächsten zehn Jahre lediglich 3,1 Prozent pro Jahr erzielen werden. Ähnliche Prognosen haben wir für globale Anleihen. Das heißt, Aktien und Anleihen gleichen sich in Sachen Ertragschancen immer weiter an. Das wiederum bedeutet, das Rendite-Risiko-Profil für Anleihen ist derzeit attraktiver als für Aktien.
Letzte Frage: Private Markets, ist das ein Thema?
Külps: In den USA gucken wir uns das Thema näher an und er-kennen natürlich, dass die Konkurrenz schon sehr aktiv in Private Markets ist und unter anderem auch große Akquisitionen gemacht hat. Wir sind zurzeit mit einem Private-Equity-Produkt in den USA unterwegs, in Europa aber noch nicht.
Schließen Sie es kategorisch aus für den Retail-Markt?
Külps: Nein, ich glaube, wenn wir so etwas in den USA anbieten, kann man sich durchaus vorstellen, dass das irgendwann mal nach Europa kommt. Ich würde aber nicht denken, dass wir das kurzfristig sehen.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.