Verhaltensforschung: Drei Ansätze zur Förderung privater Altersvorsorge

Die Verhaltensforschung zeigt zudem, dass Menschen lieber heute Anschaffungen tätigen, als für die Zukunft zu sparen. Denn es fällt ihnen schwer, die Kosten des Sparens (durch den in der Gegenwart entgangenen Konsum) mit den späteren Vorteilen (etwa durch eine angemessene Altersvorsorge) aufzuwiegen.

Das liegt daran, dass die gegenwärtigen Kosten als berechenbarer empfunden werden als die mitunter abstrakt anmutenden späteren Vorteile. Wissenschaftler sprechen bei diesem Phänomen auf Englisch vom „Present Bias“, gewissermaßen von einer Überbewertung der Gegenwart.

Diese lässt sich durch Maßnahmen überwinden, welche die eigene Zukunft greifbarer machen und weniger fremd erscheinen lassen. Dazu gehört, Lebensentwürfe und beliebte Aktivitäten für den Ruhestand ebenso wie die damit verbundenen Kosten zu visualisieren und die Menschen im Alltag damit zu konfrontieren.

Anchoring überwinden

Zudem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Menschen gern auf naheliegende, aber irrelevante Zahlen zurückgreifen, wenn sie auf einem für sie unbekannten Gebiet Entscheidungen treffen. Sie bezeichnen das als „Anchoring“, quasi als Haltsuchen wie der sprichwörtliche Griff nach dem rettenden Strohhalm.

Im Zusammenhang mit der privaten Altersvorsorge, die für viele Sparer nach wie vor mehr oder weniger Neuland ist, bedeutet dies: Menschen neigen dazu, sich auf geringe Anlagesummen zu beschränken, auch wenn größere Investitionen möglich und sinnvoll wären.

Diese Hürde lässt sich ebenfalls durch Anreize überwinden, beispielsweise indem Sparer je nach Höhe ihrer regelmäßigen Vorsorgesummen unmittelbare Gegenleistungen erhalten.

Der Erfolg bisheriger Ansätze, um die Menschen stärker von der Notwendigkeit finanzieller privater Altersvorsorge zu überzeugen, lässt noch viel Luft nach oben. Auch professionelle Finanzberater spielen dabei eine Schlüsselrolle. Denn sie sind für Sparer und Anleger vielfach der erste und wichtigste Ansprechpartner zu diesem Thema.

Um die sich ergebenden Chancen zu nutzen, sind alle Gruppen gefragt, die an der öffentlichen Debatte wesentlich beteiligt sind: Politik, Finanzbranche, Verbrauchervertreter und Medien.

Der Autor Florian Uleer ist Country Head Deutschland bei Columbia Threadneedle Investments.

Foto: Threadneedle

 

Mehr Artikel zum Thema:

Finanzbranche: Die bewerberfreundlichsten Arbeitgeber

DVAG, MLP & Co.: Mehr Frauenpower im Finanzvertrieb

Feeling über Fakten: Setzen Sie Ihr Produkt ins richtige Licht

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments