Besonders ausgefuchste Kollegen setzen auf eine ähnliche Strategie, die „Door-in-the-Face“ genannt wird. Ihr Motto: Der erste Preis muss so hoch sein, dass der Kunde einem beim Haustürverkauf die Tür vor der Nase zuschlagen würde.
Reagiert der Kunde empört auf das überteuerte Angebot, mimen sie Zerknirschung und „schauen mal, was sonst noch möglich ist“. Nach viel Rechnen, Blättern oder Zähneknirschen präsentieren sie anschließend ein günstigeres Angebot, das sie in Wahrheit von Anfang an im Auge hatten.
Der Eindruck, der Verkäufer habe sich für sie ein Bein ausgerissen, setzt Kunden zusätzlich unter Druck. Sie haben das Gefühl, sich für die Verkäufermühe revanchieren zu müssen. Psychologen sprechen hier vom Prinzip der Reziprozität, dem Wunsch der meisten Menschen, sich für eine Gefälligkeit zu revanchieren.
Ob Sie die „Tür-ins-Gesicht“-Methode noch für fair halten, überlasse ich Ihnen. Unbestritten aber ist, dass Sie die Entscheidung Ihres Kunden durch die Auswahl, die Sie bieten, beeinflussen. Und Kunden haben gerne Auswahl.
Gezielt Preissensibilität beeinflussen
Egal, was Sie kaufen wollen, ob Laufschuh, Eieruhr, Drei-Mann-Zelt oder Zweitwagen: Wenn Ihnen der Verkäufer nur ein einziges Modell zeigen kann, zögern Sie. Sie brauchen andere Optionen, um sich in ihrer Entscheidung sicherer zu werden.
Ich kenne keine Frau, die das erste Kleid, das sie anprobiert, sofort kauft. Selbst wenn alles perfekt ist – Passform, Farbe, Preis – probiert sie mindestens fünf weitere an.
Wenn Sie als männlicher Begleiter Pech haben, gibt es außerdem die eherne Regel: „Man kann doch nicht gleich im erstbesten (sprich: „ersten“) Geschäft kaufen!“ Und so landen Sie erst nach einer mehrstündigen Odyssee wieder beim ersten Kleid, das natürlich vorsorglich zurückgehängt wurde und eigentlich von vornherein feststand.
Auswahl ist also gut, und Sie sollten Ihrem Kunden im Verkaufsgespräch Auswahl bieten, gleichgültig, ob Sie Altersvorsorgeprodukte oder Kochtöpfe verkaufen. So können Sie gemeinsam das Beste für ihn ermitteln und ihm sein Angebot auf den Leib schneidern. Und Sie können durch die Reihenfolge der Präsentation und die Preise der kontrastierenden Produkte Einfluss auf seine Preissensibilität nehmen.
Der Autor Roger Rankel ist mehrfach ausgezeichneter Vertriebsexperte, der sowohl für DAX-Unternehmen als auch für Mittelständler und Kleinunternehmen die Themen Kundenakquise und nachhaltige Umsatzsteigerung coacht. Rankels neuestes Buch heißt „Etwas etwas anders machen“, Gabal Verlag.
Nächste offene Seminare in München, 13., 14. und 15. Mai 2014: www.roger-rankel.de/anmeldung
Foto: Wolfgang List