„Vermittler wollen das Amazon-Prinzip“

Foto: Florian Sonntag
Hybrider Roundtable zu Baufinanzierung und Immobilien im Oktober bei Cash.

Die Segmente Baufinanzierung und Wohnimmobilien sind bislang vergleichsweise gut durch die von Corona verursachte Krise gekommen. Cash. sprach mit drei Branchenexperten Michael Lorenz, Vorstand Baufi24 Baufinanzierung AG, Harald Amendt, Geschäftsführer Starpool Finanz GmbH, und Thomas Hein, Leiter Immobilienfinanzierung ING Deutschland AG, über die Gründe, die weiteren Perspektiven der Segmente sowie über die Chancen der Digitalisierung für Berater und Vermittler und aktuelle Projekte.

Die Corona-Krise ist das beherrschende Thema in diesen Monaten. Aus der Immobilienwirtschaft ist immer wieder zu hören, dass das Segment davon wenig bis gar nicht betroffen sei. Teilen Sie diese Auffassung?

Hein: Die gegenwärtigen Entwicklungen bei Gewerbeimmobilien auf der einen und Wohnimmobilien auf der anderen Seite unterscheiden sich deutlich. Gerade die Perspektiven bei Büroimmobilien sind stark eingetrübt. Konzentriert man sich auf den Wohnimmobilienmarkt, sehen wir keinerlei Rückgang in unserem Geschäft, die Preise steigen nach wie vor. Ein Einbruch ist in der Tat nicht zu erkennen, im Gegenteil.

Natürlich sind sind wir im März, als wir erstmals mit dem Corona-Thema konfrontiert wurden, davon ausgegangen, dass das Geschäft nicht so weiterlaufen wird. In unmittelbarer Nähe meines Wohnorts gibt es ein Neubaugebiet. Dort hat aber die Bautätigkeit auch in den Wochen nach Beginn der Pandemie eher zu- als abgenommen.

Das war für mich einer der sichtbaren Indikatoren dafür, dass der Markt sich weiter auf dem bestehenden Niveau mindestens stabilisiert. Es gab mal zwei, drei Wochen, in denen es etwas ruhiger war, aber danach ist die Finanzierungstätigkeit wieder hoch gegangen.

Amendt: Ich sehe es genau so. Wir haben keinerlei Einschränkungen im Privatwohnungsbau erlebt, auch wenn hier und da eine Entscheidung vielleicht etwas länger reifen musste. Bei Starpool haben sich die Umsätze hervorragend entwickelt. Bei gewerblichen Immobilien werden hingegen sicher Veränderungen eintreten. Sei es aufgrund von Insolvenzen oder in Bezug auf die Frage, ob aufgrund der Zunahme von Homeoffice oder Jobsharing Büroimmobilien im gegenwärtigen Umfang überhaupt noch benötigt werden.

Ein paar kleine Einschränkungen gab es natürlich hier und da im Frühjahr, als es in vielen Teilen Europas drei Monate einen Produktionsstillstand gab. Wer beispielsweise Fliesen aus Italien haben wollte, der hat sie heute tendenziell immer noch nicht.

Das sind aber keine Einschränkungen, die die grundsätzliche Markeinschätzung betreffen oder die Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben. Die Auswirkungen auf die Bau- oder Modernisierungstätigkeiten waren definitiv gering. Im Hinblick auf die Corona-Gesamtsituation sind das Kleinigkeiten. In Summe haben wir ein fortgesetztes Wachstum.

Michael Lorenz, Vorstand von Baufi24

Lorenz: Bei Baufi24 können wir auch nicht von Einbrüchen berichten, ganz im Gegenteil. Wir sind im ersten Halbjahr sogar um fast 90 Prozent gewachsen. Was tut sich da draußen? Wir sehen inzwischen natürlich bei einigen Berufsgruppen, die durch Kurzarbeit betroffen sind, dass dort eine gewisse Zurückhaltung herrscht. Dafür gibt es dieses Hemmnis bei anderen nicht. Insofern können wir im Moment noch keinerlei nachteilige Entwicklungen erkennen, erwarten diese aber auch nicht.

Deutsche favorisieren eigene Immobilie

Die eigene Immobilie steht für die meisten Deutschen ganz oben auf ihrer Wunschliste. Hat die Coronakrise etwas daran geändert?

Amendt: Nach unseren Erkenntnissen beschleunigt sich die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden sogar noch. Laut einer aktuellen Umfrage der BHW Bausparkasse ist die eigene Immobilie als Sicherheits- und Ruhepol für viele jetzt immens wichtig. Zudem meistern Immobilieneigentümer eine Krise wie diese bei weitem besser als Mieter.

Wir sehen, dass sich insbesondere bei jungen Mietern die Anzahl derer, die Eigentum erwerben wollen, fast verdoppelt hat. Wenn der Wunsch nach der eigenen Immobilie bereits vor der Krise ganz oben auf der Agenda stand, ist diese Position jetzt quasi zementiert worden.

Hein: Ich kann das nur unterstreichen, die Nachfrage ist nach wie vor deutlich höher als das Angebot, das führt auch dazu, dass die Preise nicht sinken, sondern stabil bleiben oder vielleicht sogar noch ein wenig weiter klettern werden. Insbesondere die starke Zunahme der Tätigkeit im Homeoffice wird dazu führen, dass viele Deutsche mit ihrer derzeitigen Wohnsituation nicht zufrieden sind und sich vielleicht vergrößern wollen oder sogar aus den Ballungszentren wieder in die angrenzenden Regionen ziehen, um sich dort das Haus zu leisten, das ihren Wünschen entspricht.

Das mag dann sogar ein wenig die Nachfragesituation in den Ballungszentren entspannen, ohne dass es aber wohl einen senkenden Effekt auf die Preise haben dürfte.

Lorenz: Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob sich dieser vermeintliche Trend auch durchsetzt, ob wir tatsächlich erleben werden, dass sich das Wohnen grundsätzlich anders darstellen wird. Auch weiß ich nicht, ob das Thema Homeoffice für alle Zeiten in Stein geschlagen ist. Kurzfristig bin ich überzeugt davon, dass wir ein wenig Bewegung sehen werden. Dass Menschen aus der Stadt vielleicht in die Randbezirke ziehen, um dort die Räumlichkeiten zu finden, die sie suchen.

Nach wie vor ist aber das Angebot deutlich kleiner als die Nachfrage. Und es gibt ausreichend viele Kapitalanleger, die zusätzlich alles wegkaufen, was der Markt im Angebot hat. Wenn morgen der Impfstoff kommt und Corona vom Tisch ist, dürften sich auch viele Themen erledigt haben, die wir jetzt noch intensiv diskutieren.

Deutschland immer noch Mieterland

Ganz grundsätzlich und losgelöst von Corona gefragt: Mehr als zehn Jahre Nullzinsen liegen hinter uns, mit entsprechend niedrigen Bauzinsen und einer großen Darlehensnachfrage. Dennoch sprechen wir immer noch darüber, dass Deutschland ein Mieterland ist. Warum hat sich trotz der positiven Rahmenbedingungen die Eigentumsquote offensichtlich noch nicht nachhaltig verbessert? Wie kann Deutschland hier endlich das Ruder herumreißen?

Hein: Aus meiner Sicht hilft es nur, mehr Möglichkeiten zu schaffen. Vielleicht geschieht das jetzt, dass das Angebot erweitert wird, etwa über die Bereitstellung von Bauland etc., das dann auch von mehr Menschen bezahlt werden kann. Andernfalls sehe ich kaum Chancen, die Situation nachhaltig zu verbessern und den Anschluss an unsere Nachbarn in Europa zu schaffen.

Gerade das Thema Arbeitsplatzsicherheit spielt im Moment eine große Rolle und wirkt sich nicht unbedingt positiv auf eine Erhöhung der Eigentumsquote aus. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssten sich schon signifikant verbessern, um hier mehr zu bewirken.

Harald Amendt, Starpool Finanz

Amendt: Der wesentliche Punkt, der sich immer wiederholt, ist das fehlende Angebot. Solange keine Objekte da sind, kann sich auch die Quote nicht verbessern. Es sind die Rahmenbedingungen, die zum Stolperstein auf dem Weg zur eigenen Immobilie werden. Der Gesetzgeber fordert hohe Standards, er ärgert uns mit komplexen Baunormen, uneinheitlichen Regelungen zur Grundsteuer und einem Bürokratiewust – das treibt die Preise nach oben, das hält Investoren und vor allem aber private Bauherren davon ab zu kaufen. Nicht zuletzt, weil die Preise dadurch auch immer weiter steigen.

Das ist kein Krisenphänomen, sondern ein grundsätzliches Problem. Der politische Wille, etwas zu verändern, ist eher limitiert. Zwar steht im Koalitionsvertrag, den die Regierung 2017 beschlossen hat, dass sie sich dem Thema Reform der Grunderwerbssteuer beschäftigen will. Passiert ist indes so gut wie nichts.

Allein in Nordrhein-Westfalen zahlt man 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer. Von den geplanten Freibeträgen, mit denen der Wohnungsbau gefördert werden sollte, fehlt bis heute jede Spur. Wer jetzt eine Eigentumswohnung erwerben oder bauen will hat nicht selten Nebenkosten, die beinahe 100.000 Euro betragen.

An diesen Rahmenbedingungen muss dringend gearbeitet werden. Die Standards dürfen nicht noch weiter verschärft werden, die Nebenkosten müssen wieder sinken. In der Folge werden wir dann auch zu höheren Eigentumsquoten kommen.

Lorenz: Die Preise haben in der Tat primär Einfluss auf das Thema Eigentumsquote und neben der Tatsache, dass die Nebenkosten dramatisch hoch sind, haben wir natürlich auch das Problem, dass die Kosten für den Bau von Immobilien inzwischen wirklich ausufern. Wir sehen, welche Quadratmeterpreise mittlerweile in Hamburg aufgerufen werden. Das ist für den Mittelstand kaum noch zu leisten.

Insofern ist es schwierig, eine enorme Drehzahl auch in das Thema Eigentumsquote zu bekommen. Ich sehe das im Moment nicht. Ich kann auch nicht erkennen, ob etwa fünf Prozent weniger bei den Nebenkosten, das Thema wirklich befeuern könnte. Die Bau- und Grundstückskosten sind einfach enorm und auch die Kunden sind sehr anspruchsvoll. Das alles hat natürlich seinen Preis.

Richtlinienverschärfung bei Kreditvergabe

Noch einmal zurück zu den Folgen von Corona. Vielfach wurde und wird darüber berichtet, dass Banken ihre Richtlinien zur Kreditvergabe verschärft haben. Stimmt das? Herr Hein, haben Sie ihre Vergaberichtlinien angepasst?

Hein: Ja, wir haben sie angepasst, aber nicht wirklich signifikant. Wir haben in den Ausläufen ab 90 Prozent von der Risikoseite her ein paar Veränderungen vorgenommen und wir haben auch in den Beleihungen etwas getan. Aber das hat letztendlich nicht dazu geführt, dass wir weniger Geschäft bekommen haben und es hat deshalb auch keinen Abbruch am Markt gegeben.

Amendt: Grundsätzlich haben wir auch keine großen Veränderungen wahrgenommen. Es hat ein paar wenige Institute gegeben, die sehr schnell reagiert haben, insbesondere auch bei den gewerblichen Finanzierungen.

In unserem Kerngeschäft allerdings, in der privaten Immobilienfinanzierung, hat es anfangs ein paar Irritationen zum Umgang mit Kurzarbeitergeld gegeben. Es gab auf einmal viele Kurzarbeiter und wir haben uns gefragt: Ist das jetzt Corona-Kurzarbeitergeld und erledigt sich das bald wieder? Oder müssen wir das generell einpreisen? Grundsätzlich haben wir aber keine signifikanten Verschärfungen in den Kreditrichtlinien der Banken wahrgenommen.

Lorenz: Auch wir sehen das so. Es gibt ein paar Institute, die ein wenig mehr reagiert haben, andere haben es nicht getan. Wir haben eher festgestellt, dass die Verarbeitungszeiten teilweise sehr stark nach oben gegangen sind, sich bei einigen Instituten teilweise sogar verdoppelt haben. Das ist durchaus nachteilig, insbesondere für das Geschäft in den Ballungsräumen, da muss es mit einer Kreditzusage oft sehr schnell gehen.

Über welche Zeiten reden wir diesbezüglich im Schnitt?

Hein: Bei der ING sind es derzeit 14 Tage, hoffentlich aber bald wieder deutlich weniger.

Lorenz: 14 Tage ist für eine ING in der Tat lang, ein wesentliches Argument für eine ING ist eigentlich ganz klar die Schnelligkeit und nicht zwingend der Preis oder die Provision. Das würden wir uns in der Tat anders wünschen. Und auch bei einigen anderen Partnern sind die Zeiten hochgegangen. Aber ich denke, wenn zwei Drittel der Mannschaft im Homeoffice arbeitet, dann gibt es einfach auch einen erhöhten Abstimmungsbedarf, der letztendlich Zeit kostet.

Thomas Hein, ING Deutschland

Hein. Wobei die aktuelle Situation zumindest bei uns nicht auf das Thema Homeoffice zurückzuführen ist. Ich habe es eingangs erwähnt, wir haben dieses Jahr deutlich höhere Antragszahlen, als im letzten Jahr. Das heißt, bezogen auf den Plan waren wir anders aufgestellt. Der Vorstand hat sehr schnell reagiert und noch während des Lockdowns zugestimmt, deutlich mehr Mitarbeiter einzustellen.

Aber all das braucht in Krisenphasen Zeit und auch die Einarbeitung der neuen Kollegen ist natürlich kein Selbstgänger. Der eigene Anspruch ist selbstverständlich ein anderer und wir arbeiten hart daran, dort wieder das Niveau zu erreichen, das man von der ING erwarten kann.

Herr Amendt, sind Ihnen die Bearbeitungszeiten auch zu lang?

Amendt: Es dauert eigentlich immer zu lange. Wir haben allerdings auch festgestellt, dass es Unterschiede gab oder gibt. Nicht selten haben wir sehr stark von persönlichen Kontakten profitiert, die uns dann schneller eine Zusage erteilt haben. Es hat sich aber ein wenig dahingehend verändert, dass einige Anbieter, die früher vielleicht wegen eines zu hohen Zinssatzes den Vorgang nicht bekommen haben, jetzt aufgrund der höheren Geschwindigkeit zum Zug kommen.

Aus diesem Grund hat sich der Wettbewerb ein wenig verschoben. Das A und O ist aber in jedem Fall eine funktionierende und schnelle IT, damit das Geschäft auch in Krisen wie diesen reibungslos weiterläuft.

Corona bringt Digitalisierungsschub


Apropos IT. Die Coronakrise hat es sehr schnell erforderlich gemacht, die Digitalisierung rasch voranzutreiben. Wo lagen dabei die größten Herausforderungen und wie digitalaffin sind Ihre Partner mittlerweile?


Amendt: Für uns war es gar nicht so herausfordernd, weil wir uns bereits seit Jahren mit dem Digitalisierungsthema befasst und den Partnern Mittel und Möglichkeiten an die Hand gegeben haben, die Beratungs- und Antragsprozesse zu optimieren. Es hat sich in der Coronazeit gezeigt, dass wir damit auf das richtige Pferd gesetzt haben. Die jüngeren Berater haben immer schon sehr technikaffin gearbeitet, ganz gleich, ob sie aus der Bank kamen oder aus der freien Wirtschaft.

Den älteren Kollegen mussten wir etwas mehr unter die Arme greifen, was aber auch gut funktioniert hat, weil auch sie bereits dafür sensibilisiert waren. Geholfen hat dabei auch die Aufstellung unseres Gesellschafters DSL-Bank, der seit zehn Jahren kein Papiergeschäft mehr annimmt und immer wieder betont, wie wichtig eine digitale Antragsstrecke ist.

Hein: Wer bis dato nichts digital vorbereitet hatte, der hat natürlich die neuen Anforderungen nicht auf die Schnelle realisieren können. Ich glaube, die Plattformen und auch wir waren aber sehr gut vorbereitet, was die technischen Möglichkeiten angeht. Als der Lockdown da war, wurden diese Features auch angenommen, die wir vorher immer in der Kommunikation nach vorne gestellt haben.

Das war ein echter Härtetest, den die Systeme auch mit Bravour bestanden haben. Gerade wegen der technischen Anwendungen, die wir vorgehalten haben, konnten wir auch deutlich mehr Anträge erhalten. Und das ist etwas, was wir hoffen, beizubehalten. Unsere digitale Antragsstrecke, die wir derzeit testen, muss für den Kunden so nutzbar sein, wie er sich das vorstellt. Deshalb nehmen wir uns die Zeit und gehen auch immer wieder in die Diskussion mit unseren Kunden, um die Strecke zu optimieren.

Ich glaube allerdings nicht, dass wir künftig darüber mehr als 50 Prozent unseres Geschäftes bekommen werden. Der Kunde möchte immer noch, in welcher Form auch immer, eine persönliche Beratung haben.

Lorenz: Anfänglich waren es eher digitale Teilbereiche, mittlerweile verdichten sich die Themen jedoch auf der digitalen Ebene sehr stark. Auf der einen Seite die Kundenantragsstrecke, die seit 14 Jahren ausnahmslos digital ist, auf der anderen Seite das Thema Plattform, wobei es aber immer zumeist noch den Bruch am Ende der Kette gibt und es bei vielen Partnern nicht gänzlich digital läuft.

Wir beschäftigen uns sehr mit dem Thema CRM, sowohl für den Berater als auch für den Kunden, weil wir verstanden haben, dass der Kunde im Prozess gern mitarbeiten möchte. Herunterladen, hochladen etc., sind nur erste Themen.

Und auf der Vermittlerseite arbeiten wir intensiv an der automatisierten Verwaltung der Kundenpipeline, was gerade wenn die Mengen im Vorlaufgeschäft steigen, sehr wichtig ist. Wir haben jetzt ein achtköpfiges KI-Team bei uns an Bord, mit denen wir auch über die künstliche Intelligenz Daten im CRM verarbeiten warden.

Das soll den Berater sehr stark dabei unterstützen, automatisiert höhere Abschlussquoten zu realisieren, Fälle einzuschätzen und auf der anderen Seite aber auch in Richtung Bank Hilfestellung zu leisten.

Amendt: Wir haben den Fokus da ganz klar auf den Berater und nicht auf den Endkunden gelegt. Wir wollen dem Berater Services zur Verfügung stellen, damit er die Fälle digital abwickeln kann. Deshalb sind wir sehr bemüht, eine vollständig digitale Antragsstrecke anzubieten, die weit vor den eigentlichen Antragsplattformen beginnt.

Wir haben bereits eine Chat- box für den Berater, über die er mit dem Kunden kommunizieren kann, lange bevor der erste Antrag geschaltet ist. Wir haben das digitale Hochladen von Unterlagen, den Unterlagenaustausch realisiert.

Wir haben Tools, mithilfe derer man eine digitale Kontoabfrage einbinden kann. Im Laufe des Jahres werden wir mit unserem großen Partner DSL-Bank diese komplett digitale Antragsstrecke realisiert haben. Dann muss wirklich kein Stück Papier mehr gedruckt werden, an keiner Stelle des Antragsprozesses. Das ist für uns die Zukunft. Die einzelnen digitalen Bausteine helfen dem Berater schon heute. Doch auch wenn dieser bereits recht digital unterwegs ist, herrscht bei vielen Produktgebern noch immer der Papierwald vor.

Da wird sich aus meiner Sicht zukünftig ein anderer Wettbewerb ergeben, denn in der digitalen Welt heißen die Schlüsselbegriffe Geschwindigkeit und Transparenz. Das sind ganz wichtige Kriterien für den Berater, der nach dem Amazon- Prinzip zu jeder Zeit wissen will, wie der Status innerhalb seines Antragsprozesses ist.

Perspektiven für 2021

Das Jahr 2020 liegt in den letzten Zügen, wenn wir auf 2021 blicken, was sind da Ihrer Meinung nach die entscheidenden Faktoren im Segment der Baufinanzierung? Wie beurteilen Sie beispielsweise die Zinsentwicklung?

Hein: Ich sehe auf absehbare Zeit keine deutlich höheren Zinsen. Es mag mal Schwankungen geben, aber die werden aus meiner Sicht nicht signifikant sein. Die europäische Zentralbank kann es sich mit Blick auf den Verschuldungsgrad und auch in Bezug auf die Coronakrise gar nicht leisten, dass die Zinsen nach oben gehen. Wir sehen es auch in Amerika bei den Entscheidungen der FED, die hier auch von längerfristig niedrigen Zinsen ausgeht.

Lorenz: Mittelfristig oder langfristig kann es sicher nur aufwärts gehen. Umgekehrt sehe ich auf absehbare Zeit aber auch weder Null- oder gar Minuszinsen in der Baufinanzierung. Stand heute gibt es keine Faktoren, die dafür sprechen, dass die Zinsen eklatant steigen werden. Und selbst wenn wir kleine Zinsschritte sehen sollten, dann auf einem so niedrigen Niveau, dass es nach wie vor sehr, sehr günstig bleibt zu finanzieren.

Amendt: Es ist viel Liquidität im Markt. Auf der anderen Seite gehen immer mehr Banken dazu über, Hinterlegungsgebühren auf Giro- und Tagesgeldkonten zu verlangen – deshalb glaube ich persönlich nicht an große Veränderungen. Aber ich bin kein Volkswirt und Starpool ist keine Bank – daher würde ich bei dieser Frage lieber den Kollegen von den Finanzinstituten das Feld überlassen.

Was erwarten Sie beim Stichwort Nachhaltigkeit, das im nächsten Jahr einen sehr hohen Stellenwert haben soll und vermutlich auch haben wird?

Lorenz: Ich könnte mir vorstellen, dass im Bauwesen eine Menge mehr getan werden muss, was wahrscheinlich ein weiteres Mal zu Preiserhöhungen führen wird. Nachhaltigkeit hat leider ihren Preis. Das lässt sich wohl nicht vermeiden.

Amendt: Die Digitalisierung, die wir schon seit langem betreiben und begleiten hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Wir haben unseren Partnern nicht zuletzt Zugriff auf die größte deutsche Förderdatenbank in Verbindung mit dem Energieberaternetzwerk gewährt und beobachten, dass dies sehr gut genutzt wird. Dabei ist es gar nicht einfach, sich dort zurecht zu finden. Schließlich sind um die 6000 Förderprogramme bundesweit hinterlegt und beinahe eben so viele verschiedene Antragsformulare.

Das heißt, es gibt sehr viel Aufklärungsbedarf. Und auch diesbezüglich erwarte ich eine nachhaltige Verbesserung. Es sollte bundesweit einheitliche Standards geben, dass beispielsweise nicht in einem Landkreis die Förderbedingungen an anderen Stellen verhaftet sind als im Landkreis zehn Kilometer weiter. Eine Harmonisierung ist hier dringend erforderlich. Schließlich kostest der Aufwand nicht nur den Berater viel Geld, sondern auch die öffentliche Hand.

Hein: Die grüne Baufinanzierung ist bei uns ganz oben auf der Agenda. Wir schauen uns unser Portfolio an und überlegen, wie wir dort das Portfolio an Finanzierungen, die wir gemacht haben, grüner gestalten können. Das wird sicherlich in den nächsten Jahren mit entsprechenden Maßnahmen noch weiter unterstützt.

Derzeit denken wir auch darüber nach, die Themen Energieeffizienz und Energieberatung noch stärker in die Baufinanzierungsberatung zu integrieren. Damit lässt sich noch einmal ein Mehrwert für den Kunden erzielen.

Das Diskussion moderierte Frank O. Milewski, Cash.

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