Vermögensanlagen: Renaissance oder Exitus? 

Bislang haben nur wenige Emittenten die hohen Anforderungen der neuen Vorschriften erfüllt. Seit August 2021 sind bis Ende Mai 2023 insgesamt gerade einmal 16 neue Vermögensanlagenprospekte im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden und haben damit die Voraussetzung für den Vertriebsstart erfüllt. Darunter sind – innerhalb von fast zwei Jahren – lediglich drei Emissionen mit überregionaler Bedeutung. 

Im Februar 2022 brachten erst Solvium und kurz darauf Buss Capital Invest Namensschuldverschreibungen zur Investition in Container- und weiteres Logistik-Equipment auf den Markt, die inzwischen platziert sind. Anfang Dezember 2022 startete zudem TSO Europe mit einem 300 Seiten starken Prospekt die Aufstockung ihrer unternehmerisch aktiven US-Immobilien-Anlage Active Property III L.P. um rund 60 Millionen US-Dollar auf bis zu 225 Millionen US-Dollar.

Die Vermögensanlage verfügt derzeit über insgesamt 15 Immobilien in sechs Bundesstaaten im Südosten der USA. Neben elf Büroimmobilien zählen dazu drei Selbstlagerzentren in Florida – darunter das CubeSmart Self Storage in Venice – sowie eine Gastronomieimmobilie in Atlanta. Mitte Mai 2023 waren nach einer Unternehmens-Mitteilung noch etwa zehn Millionen US-Dollar zur Zeichnung offen. 

Zehn Bürgerbeteiligungen, drei Stadtwerke

Quelle: Cash./BaFin-Jahresberichte

Das war’s. Bei den anderen neuen Vermögensanlagen-Prospekten seit August 2021 handelt es sich in zehn Fällen um sogenannte Bürgerbeteiligungen an Solar- oder Windenergieanlagen (davon fünf von Wust Wind und Sonne). Sie werden üblicherweise nur oder überwiegend im lokalen Umfeld der betreffenden Projekte platziert. Da sie sich traditionell auf konkrete Anlagen beziehen, haben die Bürgerprojekte mit dem Blindpoolverbot in der Regel wenig Probleme. Sofern die Beteiligungsgesellschaften die Anlagen wie üblich selbst betreiben oder zumindest die Fäden dafür in Händen halten, gelten sie grundsätzlich als operativ und konnten somit durchweg als klassische KG-Beteiligungen aufgelegt werden.

Daneben suchten drei städtische Versorger Geld für sich selbst: Jeweils bis zu zehn Millionen Euro die Stadtwerke am See aus Überlingen am Bodensee (Genussrechte) und der Versorger Infra Fürth GmbH, der die Stadt bei Nürnberg unter anderem mit Strom und Wasser beliefert (Nachrangdarlehen). Mit vier Millionen Euro begnügten sich die Stadtwerke Huntetal aus dem Landkreis Diepholz in Niedersachsen (Genussrechte). 

Doch auch diese Emissionen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Segment erheblich geschrumpft ist. Das belegt auch die BaFin-Statistik in ihren Jahresberichten – und dass der Markteinbruch nicht nur aus der Zurückhaltung der Anbieter resultiert. Demnach ist in 2022 die Zahl der Billigungen von neuen Vermögensanlagen- Prospekten von einst über 90 gegenüber dem Vorjahr nochmals um fast zwei Drittel zurückgegangen: Von 32 auf elf (siehe Grafik). 

Windkraft dominiert

Eingegangen sind 2022 bei der BaFin laut ihrer Statistik hingegen 25 neue Prospekte. Diesen stehen im Jahr 2022 die elf Billigungen sowie vier Rücknahmen und eine Antragsablehnung gegenüber. Über mindestens neun Einreichungen (plus Überhang aus dem Vorjahr) hat die Behörde also bis zum Jahreswechsel noch nicht entschieden. Von den 25 eingereichten Prospekten waren 2022 insgesamt 15 (operative) KG-Beteiligungen. Daneben wurde für Genussrechte (fünf), Namensschuldverschreibungen (vier) und Nachrangdarlehen (ein Fall) die Billigung der Behörde beantragt. Windkraft dominiert mit zwölf Fällen, hinzu kommen drei Prospekte für „sonstige Energien“, der Rest verteilt sich auf verschiedene andere Branchen. 

Gebilligt wurden offenbar hauptsächlich KG-Beteiligungen. Darauf jedenfalls lassen die Veröffentlichungen im Bundesanzeiger schließen, ohne die ein öffentliches Angebot nicht starten darf. Insgesamt hat damit die Aktivität im Bereich der Bürgerenergie-Beteiligungen zwar wieder etwas Fahrt aufgenommen, sie liegt aber weiterhin deutlich unter dem Niveau vor August 2021. 

Ob dies mit dem Anlegerschutzstärkungsgesetz zu tun hat oder aus den bis Frühjahr 2022 immer unattraktiveren Ausschreibungsbedingungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen resultiert, wäre Spekulation. Jedenfalls zeigt die Offensive von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zum Ausbau der Erneuerbaren Energien hier offenkundig noch wenig Wirkung beziehungsweise ist vielleicht auch wegen der langen Vorlaufzeiten noch nicht sichtbar. Wie es künftig weitergeht, bleibt offen. 

5.273 Vermittler mit 34f Nummer 3

Diese Frage stellt sich auch für die überregionalen Vermögensanlagen-Emissionen, die dann auch für Vertriebspartner von Interesse sind. Traditionell läuft das Geschäft hauptsächlich über freie Finanzanlagenvermittler. Noch verfügen laut Vermittlerregister zum Stichtag 31. März 2023 in Deutschland 5.273 Finanzdienstleister über die grundlegende Voraussetzung dafür: Eine Erlaubnis nach Paragraf 34f Absatz 1 Nummer 3 GewO. Das ist zwar erneut etwa ein Prozent weniger als zum Jahreswechsel, aber noch immer eine durchaus beachtliche Zahl. 

Ob es sich lohnt, die Zulassung noch lange aufrecht zu erhalten, ist angesichts der Angebots-Flaute derzeit schwer einzuschätzen. Sie zurückzugeben, könnte indes voreilig sein. Denn die wesentlichen Akteure arbeiten durchaus weiterhin daran, entsprechende Konzepte zu entwickeln. Dass bisher nicht mehr Produkte auf den Markt gekommen sind, liegt sicher hauptsächlich an der restriktiven Haltung der BaFin und dem langwierigen Billigungsverfahren – aber nicht nur daran. 

André Wreth, Solvium: „Nachfolger der Logistik Opportunitäten-Reihe im Billigungsverfahren“ (Foto: Solvium/Hendrik Lüders)

So hatte etwa Buss Anfang Juni 2022, nachdem das Unternehmen seine erste Vermögensanlage der neuen Generation innerhalb von drei Monaten mit einem platzierten Volumen von 15 Millionen Euro und damit 50 Prozent über Plan geschlossen hatte, zunächst eine „abwartende Investitionsstrategie“ angekündigt. „Die aktuellen Marktveränderungen prägen auch den Containerleasingmarkt. Die geopolitischen Risiken schlagen sich in einer großen Zurückhaltung aller Marktteilnehmer nieder“, hieß es vor einem Jahr von Buss. 

Solvium mit Nachfolge-Emission im BaFin-Verfahren

Gemeint war der gut drei Monate zuvor begonnene Angriff Russlands auf die Ukraine sowie die damit verbundenen Turbulenzen und Unsicherheiten für die Weltwirtschaft. Demnach befand sich der Preis für neue 20-Fuß-Standardcontainer auf Talfahrt und es sei noch nicht absehbar, auf welchem Niveau eine Bodenbildung erfolgen werde.

Nun antwortet Buss-Geschäftsführer Marc Nagel auf die Frage, ob das Unternehmen weiterhin Vermögensanlagen für den Publikumsvertrieb plant: „Der Containerleasingmarkt erholt sich und wir sehen, dass sich langsam wieder Einstiegsmöglichkeiten abzeichnen. Sollte sich eine gute Investitionsmöglichkeit ergeben, werden wir wieder ein neues Produkt im Containersegment konzipieren. Wir gehen aktuell davon aus, dies in Form einer Vermögensanlage für den Publikumsvertrieb zu strukturieren.“ In einem Billigungsprozess bei der BaFin sei Buss aber noch nicht. 

Da ist Solvium Capital einen Schritt weiter. „Aktuell ist ein Nachfolger der Logistik Opportunitäten-Reihe im Billigungsverfahren“, bestätigt Geschäftsführer André Wreth. Demnach plant Solvium wieder eine Namensschuldverschreibung. „Wir sind seit Oktober 2022 inder Billigung und hoffen, diese vor Ablauf des Jahres zu erhalten“, so Wreth auf die Frage nach dem Zeitplan. Upps, das wären dann also bis zu 15 Monate seit Beginn des Billigungsverfahrens. 

AIF-Vertriebsstart im dritten Quartal geplant

Wreth beklagt sich darüber zwar nicht, aber offenkundig ist der Billigungsprozess für eine neue Vermögensanlage eine doch recht zeitaufwändige Angelegenheit. „Zudem planen wir weiterhin, im AIF-Bereich ein neues Produkt anbieten zu können“, berichtet Wreth. „Hier planen wir mit dem Vertriebsstart im dritten Quartal.“ 

Der geplante Fonds ist indes keineswegs eine Reaktion auf das langwierige Billigungs-Procedere bei den Vermögensanlagen. Vielmehr hat Solvium schon Anfang 2021 parallel zu der damaligen Vermögensanlage mit Adrealis als Service-KVG ihren ersten Publikums-AIF auf den Markt gebracht und bis Mitte Juni 2022 platziert. Zielsetzung war, mit dem zusätzlichen Produkt auch weitere Vermittler- und Kundenkreise zu erschließen. 

So sehen Banken (wenn überhaupt) vielfach lieber AIFs als Vermögensanlagen und für den 34f- Vertrieb reicht dafür eine Zulassung nach Absatz 1 Nummer 2, über die Ende März 2023 laut Vermittlerregister immerhin 8.268 Finanzdienstleister verfügten. Solvium fährt also schon länger zweigleisig. 

Weiter: One Group plant zunächst Publikums-AIF

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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