Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur waren in den Bundesländern zuletzt insgesamt mindestens rund 30 solcher Untätigkeitsklagen von Windkraftunternehmen gegen Behörden anhängig. In den meisten Bundesländern handelt es sich demnach allerdings um Ausnahmen. In einigen gab es zum Stichtag 1. Oktober gar keine entsprechenden Klagen. Dagegen sticht Mecklenburg-Vorpommern mit 19 Fällen deutlich hervor.
In den Verfahren geht es teils um seit Jahren nicht entschiedene Anträge von Windkraftunternehmen. Die Wirkung von Untätigkeitsklagen schätzt die Branche nach Angaben des Bundesverbands Windenergie (BWE) teils eher als gering ein. „Gerichtsverfahren dauern immer noch relativ lange, so dass Untätigkeitsklagen nicht unbedingt zu einer schnelleren Genehmigung führen“, teilte der Verband auf Anfrage mit.
Zudem fehlten nachhaltige Folgen für Untätigkeit in Behörden, etwa ein pauschaler Schadenersatz für Verzögerungen. Für schnellere gerichtliche Verfahren brachte der BWE mehr Personal an den Gerichten ins Spiel.
Thüringen am langsamsten
Laut der dpa-Umfrage mit Rückmeldungen aus fast allen Bundesländern lagen bei den zuständigen Gerichten etwa in Bayern, Hamburg, dem Saarland oder Sachsen zuletzt keine entsprechenden Klagen vor. In Berlin und Brandenburg waren es laut gemeinsamen Oberverwaltungsgericht insgesamt weniger als fünf, in Schleswig-Holstein drei und in Niedersachsen zwei.
Nach Zahlen des Bund-Länder-Kooperationsausschusses dauerten Genehmigungsverfahren 2022 ab Vollständigkeit der Unterlagen in Deutschland durchschnittlich neun Monate. Der Median – ein Mittelwert, bei dem anders als beim Durchschnitt einzelne Extremwerte keinen besonderen Einfluss haben – liegt bei 6,4 Monaten. In Mecklenburg-Vorpommern lag der Durchschnitt demnach bei fast 16 Monaten. Langsamer war von den Ländern mit entsprechenden Daten nur Thüringen (16,3). Die langwierigen Verfahren erhöhten die Wahrscheinlichkeit für Untätigkeitsklagen, so der BWE.
Richter: „Ping-Pong-Spiel“ in der Verwaltung
Behörden haben laut Gesetz nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen sieben Monate und in vereinfachten Verfahren drei Monate für eine Entscheidung. Sie können die Frist um jeweils drei Monate verlängern etwa bei Schwierigkeiten, müssen dies aber begründen. Der BWE kritisierte, dass eine Vollständigkeitsbestätigung oftmals ausbleibe oder durch die Nachforderung immer neuer Unterlagen hinausgezögert werde. Der Verband forderte die Begrenzung auf eine einmalige Nachforderung und auch Fristen für die Vollständigkeitsbestätigung.
Langwierige Verhandlungen vor dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern sind in diesem Jahr bereits mehrfach zugunsten von Windkraftplanern ausgegangen. Dabei sprach der Vorsitzende Richter unter anderem von einem „Ping-Pong-Spiel“ in der Verwaltung und betonte das öffentliche Interesse des Windenergie-Ausbaus.
Strittige Themen bei den Verfahren waren trotz des Vorrangs der Erneuerbaren Energien, der im Frühjahr 2022 im sogenannten Osterpaket von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gesetzlich festgeschrieben wurde, etwa der Denkmal- oder Arten- beziehungsweise Vogelschutz. In anderen Bundesländern spielen diese Themen laut Umfrage ebenfalls eine Rolle. Eine Anfrage an das Schweriner Umweltministerium bezüglich der zahlreichen Klagen im Nordosten blieb zuletzt unbeantwortet. (dpa-AFX)