Versicherer lassen Cross-Selling-Potenzial ungenutzt

Foto: Simon-Kucher & Partners
Frank Gehrig (li.) und Carsten Mangels, beide Simon Kucher

90 Prozent der Versicherungskunden könnten sich vorstellen, bei einem einzigen Anbieter abzuschließen. Doch nur 26 Prozent bündeln ihre Policen bei einem einzigen Versicherer. Beim Cross-Selling und der Kundenbindung lassen die Versicherungsunternehmen sehr viel Potenzial brach liegen.

Bei der Kundenbindung und beim Cross-Selling bleiben die Versicherer in Deutschland weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners. Demnach haben nur 26 Prozent aller Kunden ihre Versicherungen bei einem Anbieter gebündelt. Im Vergleich zur Erhebung im Jahr 2018 bleibt die Cross-Selling-Quote damit weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Damals hatten 27 Prozent aller Kunden einen Hauptversicherer.

Bündelquote von bis 90 Prozent ist möglich

„Weil für die Versicherer die Neukundengewinnung wesentlich mehr Aufwand bedeutet als der Ausbau des Geschäfts mit bestehenden Kunden, können es sich Versicherer nicht leisten, das Potenzial beim Cross-Selling ungenutzt zu lassen“, sagt Frank Gehrig, Partner in der Versicherungs-Practice bei Simon-Kucher. Und dieses Potenzial sei immens.

90 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich vorstellen können, alle Versicherer bei einem Anbieter abzuschließen, sofern die Angebote ihren Vorstellungen entsprechen. Unterschiede zwischen Personen unterschiedlicher Altersgruppen sind dabei marginal. Junge Menschen sind nicht weniger gewillt, alle Versicherungen bei einem Anbieter zu binden als ältere Menschen.

Mit 35 Jahren haben Kunden den Großteil des Versicherungspotenzials abgeschlossen

„Das Alter spielt allerdings eine große Rolle, wenn es um das Zeitfenster im Leben der Kunden geht, in dem Anbieter sie an sich binden und ihr Wegbegleiter in puncto Versicherungen werden können“, berichtet Carsten Mangels, Partner in der Versicherungs-Practice bei Simon-Kucher. Denn die Umfrage zeige, dass die Kunden bereits mit 35 Jahren einen Großteil ihrer Versicherungen abgeschlossen hätten. „Die Kundenbindung sollte deshalb mit dem ersten Versicherungsabschluss beginnen“, so Mangels.

Mit steigender Zahl an Versicherungen schließen Kunden die Policen bei einem Anbieter ab

Cross-Selling-Potenzial können Versicherer allerdings bei fast allen Kunden heben. „Unsere Untersuchung hat ergeben, dass mit zunehmender Anzahl an Versicherungen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Kunden weitere Versicherungen bei einem Versicherer abschließen, zu dem bereits eine Geschäftsbeziehung besteht“, erklärt Gehrig. „Interessant dabei ist, dass für 85 Prozent der Kunden, die alle Versicherungen bei einem Anbieter bündeln würden, nicht der Preis das entscheidende Kriterium für die Wahl des Versicherers ist. Entscheidend ist für die Kunden Einfachheit und Service.“

Die Bedürfnisse der Kunden kennen und gezielt ansprechen

„Wollen Versicherer ihr Potenzial bei der Kundenbindung und beim Cross-Selling wirklich nutzen, dann müssen sie Beratung also neu denken“, ergänzt Mangels. Sie sollten die Bedürfnisse ihrer Kunden kennen und gezielt ansprechen. Wichtig sei deshalb eine kundenzentrierte Kommunikation von relevanten Produkteigenschaften. „Dann“, so Mangels, „haben sie die Chance, das Involvement zu steigern, Kunden an sich zu binden, das Geschäft mit bestehenden Kunden deutlich auszubauen und bislang ungenutztes Wachstumspotenzial zu heben.“

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