Die Versicherungsbranche versucht mit Hochdruck, den Rückstand bei der Digitalisierung ihres Geschäftsmodells zu verringern. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Willis Towers Watson und Mergermarket, die unter 200 Führungskräften von Versicherungen in Amerika, Asien und EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika) durchgeführt wurde.
Fast 50 Prozent der Befragten rechnen demnach in den kommenden drei Jahren mit einem oder mehreren Zukäufen im Segment neuer Technologien. Fast 75 Prozent sagen, dass es dem Versicherungssektor in der Vergangenheit nicht gelungen ist, die digitale Transformation prägend mitzugestalten.
Als Hauptgrund für die langsame digitale Entwicklung gilt neben der komplexen Regulierung, die 42 Prozent als Hürde angeben, vor allem der Kostenfaktor: 32 Prozent der Befragten identifizieren den langen Entwicklungszeitraum bis zur Kommerzialisierung von neuen Technologien als Hindernis. 24 Prozent geben an, dass vor allem das Gesamtvolumen der benötigten Investitionen beim Umsetzen von digitalen Innovationen eine wichtige Rolle spielt.
Die Versicherer erkennen laut Willis Towers Watson jedoch, wie wichtig eine nachhaltige digitale Infrastruktur ist, um besser mit Kunden interagieren zu können. „Zugleich verstehen sie, dass eine digitale Infrastruktur zukünftig auch ein essenzieller Vertriebskanal sein wird, der entweder durch eigene interne Innovation, Joint Ventures oder aber auch M&A-Aktivitäten, also Zukäufe und Übernahmen, umgesetzt werden kann. Diejenigen, die noch zögern, laufen immer mehr Gefahr, hinter der Entwicklung zurückzufallen und insbesondere die jüngeren Generationen an innovativere Wettbewerber zu verlieren“, erklärt Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson in Deutschland.
Keine Gefahr durch Google und Facebook
Knapp die Hälfte (49 Prozent) der Befragten erwarten mindestens eine Akquisition in den kommenden drei Jahren, da sie sich auf diese Weise digitale Technologien aneignen wollen. 14 Prozent gehen sogar von mehr als einer Akquisition aus. „Ein Zukauf von Unternehmen, die über innovative Technologien beziehungsweise Lösungen verfügen, ist ein essentieller strategischer Baustein, um die digitale Transformation zu meistern“, sagt Carsten Hoffmann, Head of Innovation & Business Development für die Versicherungsberatung von Willis Towers Watson in Deutschland. „Dabei geht es nicht nur um die Beschleunigung von Innovationen, sondern auch um einen wichtigen Perspektivwechsel, den die jungen Unternehmen in erfrischender Form mitbringen: Sie stellen den Kunden kompromisslos in den Mittelpunkt und beschleunigen so den internen Kulturwandel im Versicherungsunternehmen.“
Als „digital disruptiv“ in den kommenden Jahren schätzen 45 Prozent der Studienteilnehmer die Versicherungsunternehmen selber ein, ebenfalls 45 Prozent sehen die Start-up-Firmen aus der Versicherungsszene als Treiber für starke Veränderungen. Lediglich acht Prozent geben an, dass neue Marktteilnehmer den Markt durchbrechen werden. Die Gefahr, dass die Branche von großen Playern wie Google und Facebook aufgerüttelt wird, wird als weniger kritisch angesehen. (kb)
Foto: Willis Towers Watson