Professor Dr. Rolf Tilmes, wissenschaftlicher Leiter des PFI Private Finance Institute an der EBS Universität, sprach mit Cash.Online über aktuelle Entwicklungen am Vermittlermarkt sowie die Auswirkungen von Regulierung und Digitalisierung.
Cash.Online: In diesem Jahr steht die Überprüfung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) auf der Agenda. Wird es einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung geben?
Eine Deckelung von Abschlussprovisionen droht nicht nur durch das LVRG, sondern wird auch durch die Umsetzung der Insurance Distribution Directive (IDD) in Paragraf 48a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) erfolgen. Hier stellt sich nämlich die Frage, ab wann die Vergütung von Vertriebsleistungen mit dem bestmöglichen Interesse der Kunden kollidiert.
Unabhängig vom rechtlichen Hintergrund kann die Wahrscheinlichkeit vermutlich aber über die ökonomische Tragweite von Provisionshöhen hergeleitet werden. In Zeiten negativer Zinsen stehen die Banken- und die Versicherungsbranche ebenso wie ihre Kunden vor einem veritablen Ertragsproblem.
Wenn aber keine auskömmlichen, risikoadjustierten Renditen mehr generiert werden können, müssen die Kosten (und hierzu zählt eben auch der Vertrieb) zwangsläufig angepasst werden. Denn am Ende entscheidet immer noch der Kunde über den Vertriebserfolg. Wenn Produkte nicht mehr hinreichend attraktiv sind, dann werden sie auch nicht mehr nachgefragt.
Ich gehe daher davon aus, dass es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des in letzter Zeit von der Bafin stärker betonten Aspektes des kollektiven Verbraucherschutzes so oder so zu einer Deckelung von Abschlussprovisionen in diesem Bereich kommt. Dass es von außen zu einer Regulierung von Provisionshöhen kommt, ist zudem auch gar nicht so weit hergeholt.
So wurde bereits 2012 durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler‐ und Vermögensanlagenrechts eine Provisionsdeckelung im Bereich der privaten Krankenversicherung realisiert. Die Hintergründe lagen zwar damals in einem anderen Bereich, die Konsequenzen sind aber ähnlich.
Seite zwei: „Insurtechs werden ihre Marktanteile deutlich ausbauen“