Schmiergeldzahlungen zur Vorteilserlangung sind natürlich etwas, von dem sich jeder ordentliche Versicherungsmakler sofort distanzieren wird. Dabei lauert die Gefahr „Schmiergeld“ oft in Bereichen, in denen er es gar nicht vermutet.
Gastbeitrag von Jens Reichow, Kanzlei Michaelis
In der Regel wird er die von ihm geleisteten Zahlungen auch nicht als Schmiergeld bezeichnen. Vielmehr fallen dann Bezeichnungen wie „Courtageteilung“, „Tippgeberprovision“ oder „Aufwandsentschädigung“. Dass hierin etwas rechtlich Verwerfliches zu sehen sein könnte, fällt den Meisten nicht ein.
Gerade bei der Beratung von Firmenkunden stellt sich die Frage „Schmiergeld oder nicht?“ jedoch nur allzu schnell. Gerade bei größeren Unternehmen regelt der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG die Versicherungsangelegenheiten der Firma nicht mehr selbst, sondern bedient sich hierfür besonderer Mitarbeiter. Bestes Beispiel hierfür ist der Bereich betriebliche Altersvorsorge, welcher häufig durch die Personalabteilung des Unternehmens betreut wird.
Weitreichende Haftungsfolgen für Tippgeberprovisionen
Damit sich die vertrieblichen Erfolge auf Seiten des Versicherungsmaklers einstellen, ist er auf eine gute Zusammenarbeit mit dem verantwortlichen Mitarbeiter im Unternehmen des (zukünftigen) Versicherungsnehmers angewiesen. Viele Vermittler stehen dabei vor der Fragestellung wie der jeweilige Mitarbeiter motiviert werden kann, die Vertriebstätigkeit des Versicherungsmaklers aktiv zu unterstützen.
Dabei greifen einige Versicherungsmakler auch auf finanzielle Anreize zurück. So sind „Tippgeberprovisionen“ an Mitarbeiter der Personalabteilung, wenn sich Mitarbeiter des Unternehmens zum Abschluss einer neuen bAV entschließen, genauso wie „Aufwandsentschädigungen“ für besondere Unterstützungsleistungen nichts Ungewöhnliches. Dass dieses Verhalten des Versicherungsmaklers weitreichende Haftungsfolgen haben kann, zeigt ein Blick auf die Entscheidung des BGH vom 16.01.2001 (Az.: XI ZR 113/00).
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall zahlte die darlehensgebende Bank einen Teil des Disagio an den bei dem Kreditnehmer für den Abschluss des Darlehensvertrages zuständigen Mitarbeiter aus, also vergleichbar mit der Zahlung an einen Mitarbeiter beim VN. Die Zahlung erfolgte, ohne dass der Geschäftsführer des Darlehensnehmers hiervon Kenntnis hatte. Der BGH urteilte hierauf aus, dass entsprechende Zahlungen als „Schmiergeld“ zu werten seien, was zu weitreichenden Konsequenzen führte.
Sittenwidrigkeit des Gesamtvertrages
Hinsichtlich der Folgen unterschied der BGH zwischen der Unterzeichnung des Vertrages durch den schmiergelderhaltenen Mitarbeiter selbst und dem Geschäftsführer. Im ersten Fall führe die Schmiergeldzahlung zur Sittenwidrigkeit des Gesamtvertrages, mithin zu dessen Nichtigkeit. Im letzteren Fall bliebe der Vertrag zwar wirksam, jedoch bestünde eine Aufklärungspflicht der Bank gegenüber dem Darlehensnehmer. Hieraus folgt dann ein Schadenersatzanspruch in Höhe des „Vertragswertes“, so dass Nachteile haftungsrechtlich kompensiert werden.
Die vom BGH aufgestellten Grundsätze sind auch auf einer vergleichbaren Konstellation mit dem Versicherungsmakler übertragbar. Wie auch beim Darlehensvertrag ist es auch beim Versicherungsvertrag in hohem Maße anstößig, dem Verhandlungsführer des Vertragspartners, dem dieser vertraut, ein Schmiergeld für den Fall zu zahlen, dass es zum Vertragsschluss kommt. Dadurch wird die Gefahr heraufbeschworen, dass der Verhandlungsführer vor allem im eigenen „Provisionsinteresse“ handelt und die Interessen des von ihm Vertretenen nicht in dem gebotenen Maße wahrnimmt.
Da der Versicherungsmakler im Lager des Versicherungsnehmers steht und mithin den Versicherer regelmäßig nicht vertritt, ist der aufgrund der Schmiergeldzahlung vermittelte Versicherungsvertrag grundsätzlich weiterhin wirksam. Die Sittenwidrigkeit dürfte sich jedoch grundsätzlich auf den geschlossenen Maklervertrag selbst beziehen, mit der Folge, dass der Versicherungsmakler gegenüber dem Versicherer seinen Courtageanspruch verlieren dürfte.
Aufklärungspflicht des Versicherungsmaklers
Es bleibt dann noch die Aufklärungspflicht des Versicherungsmaklers selbst, welche grundsätzlich gegenüber dem Geschäftsführer oder Vorstand des VN selbst zu erfüllen ist. Da die Pflicht als eigene Aufklärungspflicht des Maklers besteht, kann sich der Makler auch nicht darauf verlassen, dass der Mitarbeiter des VN seine ebenfalls bestehende Aufklärungspflicht gegenüber dem Vertretenen (dem VN) als seinem Geschäftsherrn erfüllt. Erfolgt keine Aufklärung des Vertretenen bzw. kann der Versicherungsmakler eine solche im Schadensfall nicht beweisen, so ergibt sich dadurch eine gesamtschuldnerische Haftung des Versicherungsmaklers mit dem Verhandlungsführer für etwaige Schäden des Vertretenen (VN).
Hinsichtlich möglicher Schäden des VN ist zunächst davon auszugehen, dass der VN den vermittelten Versicherungsvertrag in Kenntnis der Schmiergeldzahlungen an seinen Mitarbeiter nicht geschlossen hätte. Er ist daher im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er ohne Abschluss des Versicherungsvertrages gestanden hätte. Regelmäßig erleidet der VN also den Prämiendifferenzschaden aufgrund seiner getätigten Mehraufwendungen.
Darüber hinaus kann wahrscheinlich unterstellt werden, dass sich der VN in Kenntnis der Schmiergeldzahlungen an einen anderen Versicherungsmakler mit der Bitte um Beratung und Betreuung seiner Versicherungsangelegenheiten gewandt hätte und dann durch diesen ordnungsgemäß beraten worden wäre. Etwaige bestehende Deckungslücken im Versicherungsschutz wären dann geschlossen worden. Zwar haftet der Versicherungsmakler für fehlerhafte Beratungen ohnehin nach § 63 VVG. Auch hier würde jedoch der Mitarbeiter des VN gesamtschuldnerisch haften. Gerade für Letzteren resultieren aus der Schmiergeldzahlung an ihn erhebliche Haftungsgefahren.
Fazit
Nicht nur für den Versicherungsmakler, sondern auch und gerade für den von Schmiergeldzahlungen begünstigten Mitarbeiter folgen aus der Schmiergeldzahlung erhebliche zivilrechtliche Konsequenzen. Entsprechende Zahlungen sind zivilrechtlich nur mit vorheriger Einwilligung des Vertretenen (VN) wirksam.
Aus Maklersicht empfiehlt sich die ausdrückliche Zustimmung des VN penibel zu dokumentieren, um im Nachhinein nicht mit Forderungen von Versicherungsgesellschaften und des Versicherungsnehmers konfrontiert zu sein.
Auch aus Sicht des Mitarbeiters empfiehlt sich eine entsprechende Dokumentation, muss er nicht nur haftungsrechtliche, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen im Fall der ungenehmigten Entgegennahme von „Schmiergeldzahlungen“ fürchten. Nur bei genauer juristischer Betrachtung und richtiger Handhabung kann ein Unrechtsgehalt der Vereinbarung vermieden werden.
Autor Jens Reichow ist Rechtsanwalt in der Hamburger Kanzlei Michaelis und Spezialist für Bank- und Kapitalmarktrecht.