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„Versicherungstitel bieten interessante Dividendenrenditen“

Steffen Weyl, Union Investment
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Steffen Weyl, Union Investment

Die Dividendensaison steht in Deutschland vor der Tür. Der richtige Zeitpunkt, um mit Steffen Weyl, Senior Portfoliomanager für den Versicherungssektor bei Union Investment, genau hinzuschauen.

Herr Weyl, die Dividendensaison in Deutschland nimmt bereits wieder Fahrt auf.  Wird die Dividende als Ertragsbringer über- oder unterschätzt?

Nicht nur die Dividende zählt. Ob es die richtige Wahl ist, auf besonders dividendenstarke Aktien zu setzen – so genannte Dividendenperlen – hängt vom Motiv des Anlegers ab. Auf jeden Fall sollten Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite sorgfältig analysiert werden. Denn manchmal kann das auch auf ein tieferliegendes Problem im Geschäftsmodell hindeuten. Wichtig zum Verständnis ist ebenfalls, dass Unternehmen, die einen höheren Anteil ihrer Gewinne als Dividende ausschütten, weniger in neue Projekte re-investieren können, was auf dem zukünftigen Gewinnpotenzial lasten kann.

Das heißt konkret?

Dividendenstarke Aktien müssen nicht per se schlechter abschneiden als etwa Aktien von wachstumsstarken Unternehmen, die keine oder nur geringe Dividenden zahlen. Aber Dividendenperlen entfalten ihren vollen Glanz meist erst über längere Zeiträume, da der Anteil der Ausschüttung am Gesamtertrag oft wesentlich wichtiger ist als die Kursentwicklung. Heißt: Anleger von Dividendenperlen brauchen mehr Geduld. Umgekehrt sind die Titel nicht unbedingt besser gefeit gegen Kursrückschläge, wie eine Analyse des MSCI Europe High Dividend Yield-Index zeigt. Der Reiz liegt aber darin, dass auch in schwierigen Zeiten dem Anleger attraktive Gewinnbeteiligungen zufließen.


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Im deutschen Leitindex DAX gehören die Versicherungsaktien inzwischen zu den wichtigsten Dividendenbringern. Wie kommt es dazu?

Die Branche weist ein solides Wachstum bei attraktiven Dividendenrenditen und gleichzeitig niedriger Bewertung auf. In den vergangenen Jahren hat sich der Versicherungssektor bereits sehr gut entwickelt und seine Stabilität bewiesen. Trotz vieler externer Schocks wie der Coronapandemie, Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, einem starken Inflationsanstieg sowie zahlreicher großer Naturkatastrophen erzielen Versicherungsunternehmen derzeit Rekordgewinne und zahlen rekordhohe Dividenden.

Das heißt, die Profitabilität ist gut – aber wird sie auch so gut bleiben?

Davon gehen wir aktuell aus, denn der Sektor kann die inflationsbedingt höheren Kosten aktuell verstärkt an die Kunden weitergeben. Gleichzeitig sind die Bilanzen der großen börsennotierten Versicherer so stark wie nie. Derzeit sind wir für die Erstversicherer noch optimistischer als für die Rückversicherer. Wir argumentieren, dass die großen diversifizierten Erstversicherer ein höheres Bewertungsniveau verdient haben, weil der Markt die intrinsische Qualität der Geschäftsmodelle unterschätzt. Wohngebäude- oder Autoversicherungen sind „Basiskonsumgüter“ mit einer weniger zyklischen Nachfrage.

Was heißt das für die Ausschüttungspolitik der Unternehmen?

Viele Versicherer haben heute ihre Dividendenpolitik so gesetzt, dass das aktuelle Dividendenniveau auch in schwierigeren Jahren gezahlt werden kann. Gleichzeitig müssen die Gewinne nicht mehr verwendet werden, um die starken Bilanzen noch stärker zu machen. Daher halten wir es für möglich, dass ein Großteil der Gewinne künftig an die Aktionäre zurückgegeben werden kann. Meist sind die Gesellschaften sehr diszipliniert und verfolgen keine aggressiven Wachstumsstrategien, weshalb die gesamte Ausschüttungsquote, also Bardividenden und Aktienrückkäufe, bei den Erstversicherern um die 70 Prozent beträgt. Aus den vergleichsweise niedrigen Bewertungsniveaus resultieren somit sehr interessante Dividendenrenditen im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich. Zudem untermauern die Dividendenversprechen das Vertrauen in den Sektor.

Last but not least – welche Sektoren sind für Dividendenjäger noch interessant?

Vor allem Sektoren, die Aussicht auf Stabilität bringen. Dazu zählen derzeit neben dem genannten Versicherungssektor auch die Gesundheitsbranche sowie günstig bewertete Banken. In Summe empfiehlt es sich, kontinuierlich qualitative Unternehmensfaktoren in Verbindung mit relativen Bewertungsniveaus zu analysieren. Dividendentitel, die nicht übertrieben bewertet sind und Wachstumspotenzial bieten, sollten stets Teil einer ertragsorientierten Anlagestrategie sein.

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