„Altersvorsorge“ ist ein schillernder Begriff. Häufig verstehen Richter ihn anders als Anlageberater. Deswegen ist bei Kundenberatungen zum Thema „Altersvorsorge“ eine ausführliche Beratungsdokumentation besonders wichtig.
Gastbeitrag von Jan C. Knappe, Dr. Roller & Partner Rechtsanwälte
Dann können sogar geschlossene Fonds gerichtsfest als geeignete Beimischung in einem Vorsorge-Portfolio dargestellt werden, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt.
Jeder Anlageberater weiß, dass es keine Patentlösungen für die Altersvorsorge gibt. Es gibt Kunden, die 58 Jahre alt sind und ihre Schäfchen längst ins Trockene gebracht haben. Diese Kunden sind auf Kapitalerhalt bedacht und benötigen eine Strategie, die ihnen regelmäßige Entnahmen erlaubt. Wertzuwächse des angelegten Kapitals sind zwar erwünscht – aber nicht auf Kosten von Verlustrisiken.
Kapitalerhalt vs. Kapitalaufbau
Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die jung sind, am Anfang ihres Berufslebens stehen, eine Familie zu versorgen haben, Häuser bauen und reisen wollen. Und eine große Versorgungslücke aufweisen. Diese Versorgungslücke zu schließen, kann eine echte Herausforderung für den Anlageberater sein. Häufig sind die finanziellen Spielräume für monatliche Sparraten sehr gering. Auf der anderen Seite haben diese Kunden aber ein anderes wichtiges Kapital: Zeit. Zeit zum Vermögensaufbau. Zeit, in der das für Vorsorgezwecke gesparte Kapital zur Seite gelegt werden und unangetastet bleiben kann.
Jedem Finanzfachmann leuchtet ein, dass das Anlageziel „Altersvorsorge“ für einen jungen Kunden mit einem solchen Anlegerprofil nicht mit Sparbüchern und Festgeldern erreicht werden kann. Wo kalkulatorisch Durchschnittsrenditen von 5-10 Prozent pro Jahr erzielt werden müssen, um die Versorgungslücke im Rentenalter zu schließen, müssen Anlageformen mit höheren Renditechancen zum Einsatz kommen. Dies sieht auch der Gesetzgeber so, deswegen fördern „Riester“ und „Rürup“ unter anderem aktienbasierte Vorsorgekonzepte.
Beratungswirklichkeit vs. Gerichtswirklichkeit
Soweit die Beratungswirklichkeit. Jetzt zur Gerichtswirklichkeit: Diese sieht leider fundamental anders aus. Die deutschen Richter müssen sich regelmäßig mit Schadenersatzklagen enttäuschter Anleger beschäftigen. Ein besonders beliebtes Argument der Kläger ist die Altersvorsorge.
Häufig behaupten sie, sie hätten eine Kapitalanlage zum Zwecke der Altersvorsorge gesucht und dann von ihrem Berater Produkte mit Verlustrisiken empfohlen bekommen. Bei vielen Richtern stoßen die Kläger auf offene Ohren, weil nach weitverbreiteter Ansicht in der Judikative Geldanlagen zu Zwecken der Altersvorsorge zwingend absolut sicher sein müssen. Nach dieser Lesart sind bereits Aktien und Investmentfonds kritisch, weil sie mit Verlustrisiken behaftet sind.
Seite zwei: Fehlerhafte Anlageempfehlung