Herr Quest, warum braucht es eine Benchmarktstudie zur Reputation der Versicherungsbranche? Und welchen Nutzen versprechen Sie sich – und anderen – idealerweise von Ihrem Ranking?
Quest: Vertrauen ist die Währung der Versicherer. Ohne Vertrauen lässt sich keine Kundenbeziehung aufbauen und erhalten. Das gilt im Wesentlichen für jedes Unternehmen, doch ist es für Versicherer essenziell, denn im Schadensfall muss die versprochenen Leistungen erbracht werden. Und nur eine starke Reputation signalisiert den Kunden, dass das Unternehmen in der Vergangenheit zuverlässig war und seine Verpflichtungen erfüllt hat – was Vertrauen schafft. Ein Ranking der Versicherungsbranche nach Reputation schafft Einordnung und Überblick. Und dies für viele Stakeholder wie Kunden und Interessenten, Mitarbeiter und potentielle Mitarbeiter, Partner aber auch die Versicherer selbst.
Woher stammen die Daten für die Teilrankings Produkt & Service, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Management, Arbeitgeber“? Wie sind diese gewichtet? Und warum wurden sie so gewichtet?
Quest: Die vorliegende Analyse wurde mit KI-basierter, individueller und umfangreich „trainierter“ Software durchgeführt. Hierzu wurden über 200.000 reputationsrelevante Aussagen in Online-Medien sowie Einträge in sozialen Netzwerken zu den Unternehmen der Versicherungsbranche aus dem Jahr 2024 gesammelt. Alle Aussagen wurden im Rahmen der Auswertung anschließend auf Inhalt und Tonalität analysiert. Dabei wurde zwischen fünf Reputationsfaktoren unterschieden, die mit einer vorab definierten Gewichtung in die Reputationsberechnung einfließen. Die Gewichtung berücksichtigt den Impact der einzelnen Reputationsdimensionen auf die Gesamtreputation und entstammt Ergebnissen klassischer Marktforschung.
Unter den Top 15 befinden sich mit Hannover Rück und Munich Re die größten Rückversicherer der Welt. Die haben für das Endkundengeschäft und somit auch im normalen LV-, KV- und Komposit-Vertrieb aber keine Relevanz. Welchen Sinn macht es, Rückversicherer in ein Ranking zu integrieren, dass weitgehend nur aus Erstversicherern besteht?
Quest: Wir haben als Selektionskriterium für das Ranking die reine Sichtbarkeit der Versicherer zugrunde gelegt und keine Aufteilung nach einzelnen Versicherungstypen vorgenommen. Es befinden sich auch Versicherer im Ranking, die unter anderem Finanzdienstleistungen anbieten. Da draußen wahrgenommen werden sie aber alle zunächst als Versicherer.
Welche Kriterien wurden bei der Analyse der über 200.000 Online-Erwähnungen als reputationsrelevant eingestuft?
Quest: Reputationsrelevant ist eine Aussagen, wenn sie inhaltlich die Performance von Produkten & Services, das Management, die Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit oder Arbeitgeber berührt. Über umfangreiche Machine Learning Prozesse via neuronale Netze und ein auf die Branche zugeschnittenes Topic Modelling werden alle Aussagen auf diese fünf Reputationsdimensionen überprüft und zugeordnet. Dabei können einzelne Aussagen auch mehreren Themen zugeordnet werden.
Was sind die wichtigsten Faktoren, die das Vertrauen und die Reputation eines Versicherers bestimmen?
Quest: Die Reputation wird in fünf Dimensionen gebildet: Arbeitgeber, Management, wirtschaftliche Stärke, Produkte & Services sowie Nachhaltigkeit. Darin enthalten sind auch spezifische Tehmen wie eine schnelle und faire Schadensregulierung sowie persönliche Beratung. Der Gesamteindruck erzeugt die Reputation in den Köpfen der Zielgruppen. Deshalb brauchen Versicherungen in allen fünf Dimensionen eine grundsätzlich positive Wahrnehmung. Schlechte Bewertungen und Skandale in einer Reputationsdimension trüben die Gesamtreputation ein.
Wie stark beeinflussen soziale Medien und Bewertungsplattformen das Image bzw. die Reputation eines Versicherers?
Quest: Social Media und Bewertungsplattformen fließen in die Gesamtbewertung mit ein. Um die Reputationsdimension „Produkt & Service“ zu bewerten, wurden alle Aussagen zu den Versicherungen in diesem Bereich gesammelt. Also über Qualität, Preis-Leistung, Fairness, Kulanz, Zufriedenheit, Betreuung usw. Die Kundenzufriedenheit ist also ein Teil dieser Reputationsdimension – wenngleich ein sehr wichtiger. Die Qualität wird über die Tonalität der Aussagen gemessen, ob sie sich also positiv, neutral oder negativ äußern.
Inwieweit spielen Makler und Berater eine Schlüsselrolle beim Vertrauensaufbau? Und wie wichtig ist Vertrauen für die Entscheidung eines Kunden, eine Versicherung abzuschließen?
Quest: Traditionell legen Versicherungen großen Wert auf die Reputationsdimension Produkt & Service. Hier könnte sich die Assekuranz mit attraktiven Konditionen zeigen. Wenn es allerdings in einem Marktsegment ohnehin einen starken Konditionenwettbewerb gibt, ist es womöglich klüger, einen Vertriebskanal wie die Makler kommunikativ herauszustellen. Nicht nur aber auch vor Ort in der Beratung wird das Vertrauen aufgebaut. Und das ist die Währung der Versicherer, sowohl für Kunden als auch Mitarbeiter, Partner und Investoren. Für jedes Unternehmen gleich welcher Branche gilt natürlich, gehe dahin, wo Du Deine relevanten Stakeholder erreichst. Hier spielt bei den Versicherern für die Stakeholder-Gruppe Kunden auch die Präsenz durch kleine Versicherungs-Agenturen vor Ort eine Rolle, sei es in der lokalen Presse oder eben über Social Media.
Wie können Versicherer aktiv an ihrer Reputation arbeiten, ihre Reputation langfristig stärken und Vertrauen bei Maklern und Kunden aufbauen?
Quest: Assekuranzunternehmen sollten langfristig klug Schwerpunkte in ihrem Reputationsprofil setzen und eine Unique Selling Proposition (USP) aufbauen, also eine unverwechselbare Marktstellung, die die Versicherung vom Wettbewerb positiv abhebt. Kein leichtes Unterfangen im Versicherungsmarkt, aber meines Erachtens nach notwendig.