So hatte etwa in dem Verfahren in Hamm der Anleger in erster Instanz beim LG Dortmund behauptet, den Prospekt nicht rechtzeitig erhalten zu haben. Er hatte ihn also nicht gelesen. Gleichzeitig bemängelte er haarklein nicht weniger als 20 Fehler im Prospekt, ohne die er sich angeblich nicht beteiligt hätte. So als hätte er ihn bis auf das letzte Komma genauestens studiert.
Juristisch ist das kein Widerspruch und war auch nicht Grund für die angekündigte Abweisung der Klage. Laut BGH wird der Prospekt auch dann Teil der Beratung, wenn der Anleger ihn gar nicht kannte, da er Grundlage für die Auskünfte des Beraters sei (II ZR 21/06). Mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun – jedenfalls, wenn es um winzige Details und Spitzfindigkeiten geht, deren angeblich hohe Bedeutung nachträglich konstruiert wird.
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Noch viel unerfreuliche Post
Nicht überliefert ist, ob der Kläger wenigstens rot geworden ist, als er seine Argumentation in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Dortmund vorgetragen hat.
Immerhin musste er dort nicht behaupten, dass er sich nicht beteiligt hätte, wenn in dem nicht gelesenen Prospekt ein Hinweis auf das Risiko aus dem GmbH-Gesetz enthalten gewesen wäre. Dieser Grund wurde erst in der Berufung nachgeschoben – vielleicht auch inspiriert durch das Urteil aus München.
In unzähligen anderen Fällen jedenfalls wird das so sein. Der Vertrieb wird wohl noch eine Menge unerfreuliche Post erhalten. Mit dem Hinweis auf die OLG-Entscheidungen kann er zumindest den Ansprüchen in Sachen GmbH-Gesetz zunächst entgegentreten. Sicher ist er in diesem Punkt jedoch erst, wenn der BGH sich der Auffassung anschließt.
Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und beobachtet den Markt der Sachwertanlagen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 20 Jahren.
Foto: Anna Mutter