Ursprünglich hatte der BdV die Victoria Lebensversicherung AG (Victoria Leben) aus abgetretenen Ansprüchen eines ehemaligen Kunden verklagt. Nach eigenen Angaben hatte die Victoria Leben 2014 im Einklang mit den Vorschriften des LVRG einen Sicherungsbedarf errechnet und berücksichtigt. Dadurch war es bei dem Versicherten, in dessen Sache der BdV ursprünglich geklagt hatte, zu einer Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven gekommen. Das ist nach dem LVRG möglich und zulässig, was dann auch das Landgericht Düsseldorf bestätigte. Das Verfahren ist im März 2022 zugunsten der Victoria Leben entschieden worden und somit rechtskräftig beendet.
Laut einem Ergo-Unternehmenssprecher (zu der die Victoria Leben gehört) ist es schon immer „unsere Überzeugung, dass der BdV mit seiner Klage das Ziel verfolgte, bestimmte, mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) von 2014 eingeführte Vorschriften für verfassungswidrig erklären zu lassen. Insofern überrascht uns dieser jüngste Schritt des BdV nicht.“
Aus Sicht der Victoria Leben sind die Vorschriften des LVRG sachgerecht. Sie regeln, dass der Versicherer Bewertungsreserven bei dem Anspruch des Kunden auf Überschussbeteiligung nur insofern berücksichtigen muss, als sie einen etwaigen Sicherungsbedarf aus den Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie überschreiten. „Mit seiner Entscheidung hat das Landgericht Düsseldorf abschließend bestätigt, dass die Victoria Leben die Berücksichtigung eines Sicherungsbedarfs im konkreten Einzelfall nach Grund und Höhe ausreichend dargelegt hat“, erläutert ein Unternehmenssprecher. „Bei der nun vorgebrachten Verfassungsbeschwerde mit dem Ziel der Änderung und Anpassung des LVRG handelt es sich um ein Verfahren, mit welchem eine abstrakte Rechtslage verfassungsrechtlich zur Überprüfung gestellt wird. Die Victoria Leben ist nicht Partei dieses Verfahrens.“
BdV strebt Gesetzesänderung an
Nach Meinung des BdV müsste der Versicherer eine finanzielle Schieflage hinreichend und nachprüfbar belegen, wofür er primär darlegungs- und beweispflichtig ist. „Nach diesem Urteil können die Versicherer Leistungen an Versicherte streichen, ohne wirklich Rechenschaft ablegen zu müssen. Das ist so nicht hinnehmbar“, sagt Stephen Rehmke, Vorstand des BdV. Aus diesem Grund zieht der BdV jetzt vor das Bundesverfassungsgericht. Damit strebt der BdV eine Änderung des LVRG an. Um diesen Schritt überhaupt möglich zu machen, muss es ein letztinstanzliches Urteil in dieser Sache geben. Denn der Weg vor das Bundesverfassungsgericht ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Das Landgericht Düsseldorf und auch der Bundesgerichtshof können nur bestehendes Recht auslegen, aber dürfen nicht gegen gesetzliche Vorgaben entscheiden. Nur das Bundesverfassungsgericht kann beschließen, dass ein Gesetz gegen das Grundgesetz verstößt und entsprechend geändert werden muss. Im konkreten Fall wird das Bundesverfassungsgericht klären, ob die entsprechende Regelung des LVRG in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht der Versicherten eingreift. „Die vom LVRG gedeckte Kürzung der Bewertungsreserven ist ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht aller Versicherungsnehmerinnen, der nicht zu tolerieren ist“, so der BdV.