Die Börsen in China fahren seit letzten Sommer Achterbahn. Zwei Kursrutsche zu Jahresbeginn haben viele Anleger zusätzlich verunsichert. Hans-Jörg Naumer, Global Head of Capital Markets & Thematic Research, Allianz GI, bewertet die aktuellen Ereignisse und sagt, wie sich Anleger jetzt verhalten sollten.
Unser Jahresausblick gleichen Titels hätte kaum besser überschrieben sein können. Tatsächlich hatten wir eine zunehmende Volatilität als Überschrift gewählt, und tatsächlich: Der Start in 2016 hinein war selten holprig und ungemütlich. Hauptgrund: China.
Gleich drei Treiber schoben das Reich der Mitte erneut in das Zentrum der Kapitalmärkte:
1. Die Einkaufsmanagerindizes, allen voran der CAIXIN, fielen zum Jahresauftakt schwächer aus als erwartet, was die Konjunktursorgen verstärkte.
2. Gleichzeitig laufen in China die Halteperioden für die Aktienrückkäufe institutioneller Investoren aus. Diese waren vor einem halben Jahr eingeführt worden, um den Abgabedruck, der auf dem chinesischen Aktienmarkt lag, zu linderen.
3. Die Institutionellen machen zwar nur etwa 20 Prozent des Marktes in China aus, aber die Privatinvestoren hatten dies, auch im Kontext der schwachen Einkaufsmanagerindizes antizipativ zu Verkäufen genutzt. Diesen fielen so stark aus, dass der Handel mehrfach unterbrochen und am Ende sogar ausgesetzt werden musste.
Der Übertragungsmechanismus auf die Weltaktienmärkte war schnell klar: Konjunktursorgen in China sind immer auch von globaler Bedeutung. Dies umso mehr, als die chinesische Währung, der Renminbi, stark abwertete, und diese Abwertung vermutlich noch nicht zum Ende gekommen ist. Das mag der Exportseite der chinesischen Wirtschaft helfen – belastet aber die Exporteure nach China hinein.
Was ist jetzt zu erwarten?
Das Gesamtbild erinnert an einige „alte Bekannte“ aus den Vorjahren: Globale Ungleichgewichte, die sich vornehmlich zwischen den Industrie- und den aufstrebenden Staaten aufgebaut haben. Dazu kommt ein Wachstumsausblick, der sich aus der globalen Brille betrachtet, entlang des Trendwachstums schlängeln dürfte. Blutleer also, aber immerhin Wachstum, das von einer weiterhin expansiven Geldpolitik gestützt werden sollte.
Was empfiehlt sich jetzt?
Aus Sicht der Anleger liegen folgende Schritte nahe: 1. China sollte uns vorerst als Quelle der Volatilität erhalten bleiben. Die Gruppe der Emerging Markets sollten in diesem Fahrwasser bleiben, ebenso die Rohstoffe.
2. Das Gesamtbild spricht aber unverändert dafür, dass Aktien ihren Platz im Portfolio haben sollten, zumal der Anlagenotstand unverändert groß bleibt. Wie unser „QE Monitor“, mit dem wir die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank verfolgen, zeigt, bewegen sich die Renditen europäischer Staatsanleihen zu großen Teilen in negativem Terrain. Dabei gilt die Faustregel: „Bleibe zu Hause und ernähre dich redlich“. Also: Europäische Titel sollten, gestützt von europäischer Konjunktur und Geldpolitik, weiter bevorzugt werden. Dabei sollten auch die Dividenden(renditen) als Einkommensquelle in den Blick genommen werden.
3. Aktives Management zwischen den einzelnen Anlagegattungen bleibt gefragt. Dies kann aber auch mittels sogenannter Multi-Asset-Lösungen, die auf mehrere Pferde setzen können, delegiert werden. Die sich abzeichnende Volatilität führt mich zu dem Wunsch: Mögen die Märkte mit Ihnen sein. Immer. Auch 2016.
Foto: Allianz GI