Arbeitnehmer können eine volle Erwerbsminderungsrente beziehen, auch wenn ihr Leistungsvermögen nur teilweise gemindert ist. Voraussetzung ist, dass sie arbeitslos sind, weil ein entsprechender Arbeitsplatz für sie nicht vorhanden ist. Darauf weist die Deutsche Rentenversicherung hin.
Grundsätzlich haben Versicherte mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden Anspruch auf eine halbe Rente, wenn sie die übrigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Erst wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden pro Tag sinkt, erhalten Versicherte eine volle Rente.
Mit der Regelung, dass Arbeitslose, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch eine Teilzeitarbeit zwischen drei und sechs Stunden ausüben können, dennoch eine volle Rente erhalten, trägt der Gesetzgeber der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt für diesen Personenkreis Rechnung.
Rente wegen Erwerbsminderung beantragt
In einem 2019 vor dem Hessischen Landessozialgericht verhandelten Fall (Az.: L 5 R 226/18) wurde ein Mann wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig. Aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ruhte sein Arbeitsverhältnis. Er beantragte eine Rente wegen Erwerbsminderung, da er in seinem bisherigen Beruf nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten könne.
Die Rentenversicherung gewährte ihm jedoch lediglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Sie begründete dies damit, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber zuerst einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit geltend machen müsse. Der Mann wiederum verwies darauf, dass sein Arbeitgeber ihm keinen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen könne.
Keine Chance auf Teilzeitarbeit?
Die Klage des Manns auf eine Vollzeitrente war erfolgreich. Der Versicherte habe Anspruch auf Vollzeitrente, da der Teilzeitarbeitsmarkt für ihn verschlossen sei, so das Gericht. Dies sei der Fall, wenn weder die Rentenversicherung noch die Agentur für Arbeit dem Versicherten innerhalb eines Jahres einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnten. In der Praxis prüfe der Rentenversicherungsträger dies derzeit nicht.
Im vorliegenden Fall ruhte das Arbeitsverhältnis, und der Arbeitgeber bot dem Betroffenen keinen leidensgerechten Arbeitsplatz an. Das Gericht stellte zudem klar, dass der Versicherte nicht verpflichtet sei, erst die Reduzierung seiner Arbeitszeit zu beantragen. Die Rentenversicherung könne sich nicht darauf berufen, dass der Mann eventuell tarifvertragliche oder gesetzliche Ansprüche darauf habe, kürzer zu arbeiten. (dpa-AFX)