Pocht ein Versicherer auf die Nichtigkeit einer Vollkaskoversicherung wegen Nichtzahlung der Versicherungsprämie, obliegt ihm die Erbringung des Beweises, dass der Versicherte den Versicherungsschein erhalten hat. Kann er dies nicht nachweisen, muss er die Kosten eines etwaigen Unfallschadens übernehmen.
Eine Frau hatte eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen und kurz danach einen Unfall gebaut. Von ihrem Versicherer verlangte sie daraufhin die Kostenübernahme des Schadens.
Streit um Zugang des Versicherungsscheins
Der Versicherer trat von dem Versicherungsvertrag zurück und verweigerte die Zahlung, da die Versicherungsnehmerin die erste Prämie nicht gezahlt habe.
In seinem Urteil vom 10. September 2015 (Az.: 7 U 78/15) verurteilt das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart die Versicherung zur Zahlung des Schadens an die Versicherungsnehmerin.
Knackpunkt sei laut des Gerichts die Übermittlung des Versicherungsscheins. Die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Nichtzahlung der Versicherungsprämie setze den Nachweis des Zugangs einer Prämienrechnung, also dem Erhalt des Versicherungsscheins, voraus.
[article_line]
Aussage gegen Aussage
Hier stehen Aussage gegen Aussage: Die Versicherungsgesellschaft behauptet, sie habe der Versicherten die Unterlagen zukommen lassen. Letztere hält dagegen, sie habe kein Schriftstück erhalten.
Dem OLG zufolge liegt die Beweislast in diesem Fall beim Versicherer. Da der Versicherungsschein per einfachem Schreiben an die Klägerin versendet wurde, kann die Versicherung den Erhalt nicht beweisen.
„Es liegt in der Hand des Versicherers, etwaige Beweisschwierigkeiten zu vermeiden; verzichtet er auf die Übersendung des Versicherungsscheins durch Einschreiben mit Rückschein, ist dies ein Ergebnis seiner Kostenkalkulation, die ihm überlassen ist, allerdings dazu führt, dass dann die Kosten zu tragen sind, die durch Beweisfälligkeit entstehen“, schreibt das OLG in seiner Entscheidung.
Aus diesem Grund habe der Versicherer den Schaden zu bezahlen. (nl)
Foto: Shutterstock