Vorsicht mit den Wünschen oder wie Konjunkturpakete die Konjunktur abwürgen können

Die Forderungen nach einem Konjunkturpaket, bezahlt mit neuen deutschen Schulden, sind verständlich. Sie bergen aber eine große Gefahr: Wird das Angebot an Staatsanleihen vergrößert, leitet das eine Zinswende ein. Höhere Zinsen treffen die Konjunktur hart und können den Effekt eines Konjunkturpakets in sein Gegenteil verkehren. Einschätzungen von Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der auf Risikomanagement spezialisierten Quant.Capital Management GmbH.

Die Konjunktur läuft schleppend in Deutschland und immer lauter werden vor allem aus dem Ausland die Rufe nach einem großen Konjunkturpaket. Damit verbunden ist der Wunsch nach einem Abschied vom deutschen Weg der schwarzen Null.

„Betrachtung lässt außer Acht, dass es einen Markt gibt“

Neue Schulden, so die Argumentation, sind zum Nulltarif zu bekommen. Und wenn die Zinsen noch auf unabsehbare Zeit so niedrig bleiben, lassen sich bestehende Schulden immer weiter mit neuen Schulden ablösen – ohne Geld aus dem Haushalt anrühren zu müssen.

„Diese Betrachtung lässt aber völlig außer Acht, dass es einen Markt gibt“, sagt Ivan Mlinaric. „Dieser Markt wird lehrbuchmäßig auf eine Ausweitung des Angebots an Staatsanleihen mit sinkenden Preisen reagieren.“ Sinkende Kurse bedeuten aber steigende Renditen, also anziehende Zinsen.

Zinslandschaft kommt in Bewegung

„Wenn das schuldenfinanzierte Konjunkturpaket eine Wirkung im europäischen Kontext haben soll, müsste es wahrscheinlich zwischen 100 und 200 Milliarden Euro umfassen“, sagt Mlinaric. Bei den Gesamtschulden des deutschen Staates von derzeit rund 2.000 Milliarden Euro wären diese Summen durchaus geeignet, die gesamte Zinslandschaft in Bewegung zu bringen.

„Denn viele von denen, die heute Bundesanleihen in großem Stil kaufen, dürften dies tun, um auf weiter sinkende Zinsen und damit steigende Kurse zu spekulieren“, sagt Mlinaric. „Sie werden aber als Erste aussteigen, wenn das Angebot an Anleihen ausgeweitet wird.“

Deutschland: Benchmark für Anleihenmarkt

Dem Markt würden die Käufer ausgehen, die Kurse bröckeln und die Zinsen steigen – nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Eurozone: „Deutschland ist die Benchmark für den europäischen Anleihemarkt, hier werden die Vorgaben gemacht“, sagt Mlinaric. Steigende Zinsen aber sind Gift für die Konjunktur.

„In der Konsequenz bedeutet dies, dass ein deutsches, schuldenfinanziertes Konjunkturpaket ein Risiko für die Konjunktur in ganz Europa darstellen würde.“

Foto: Shutterstock

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