Der ursprüngliche Ablaufplan sah vor, dass die technischen Regulierungsstandards (RTS) für die Bestimmung der Nachhaltigkeitsfaktoren bereits zum 1. Januar 2022 in Kraft treten und daher die Beratungspflicht erst zu einem Zeitpunkt gelten sollte, in dem bereits verbindliche standardisierte Informationen in Bezug auf die Taxonomie zur Verfügung stehen.
Doch nun sollen die RTS nach dem Willen der Europäischen Kommission erst ab dem 1. Januar 2023 anzuwenden sein. „Eine rechtssichere Produktempfehlung im Anschluss an die Ermittlung der Nachhaltigkeitspräferenzen kann nur dann erteilt werden, wenn verbindliche technische Regulierungsstandards bestehen – und genau diese werden am 2. August 2022 nun fehlen“, kritisiert Votum-Vorstand Martin Klein.
Nur auf Basis der RTS gebe es für Berater ein gesetzlich abgesichertes Fundament für die Beurteilung und Einordnung der am Markt angebotenen Kapitalanlagen und Versicherungsanlageprodukte. „Durch die erneute Verschiebung der RTS um ein Jahr ist diese sinnvoll aufeinander aufbauende Gesetzgebung komplett auf den Kopf gestellt worden“, so Klein in dem Brief an die Kommission.
„Das funktioniert in der Praxis nicht“
„Jetzt tritt erst die Beratungspflicht zur Nachhaltigkeit in Kraft und dann erst mehrere Monate später die verbindlichen technischen Standards für die Taxonomie und der Berichterstattung zu den Nachhaltigkeitsfaktoren, das funktioniert in der Praxis nicht“, so Klein.
Anlageberater und Versicherungsvermittler würden dadurch dazu gezwungen, verbindliche Empfehlungen zu Kapitalanlagen und dem Grad, inwieweit diese den Nachhaltigkeitspräferenzen des Anlegers entsprechen, auszusprechen – ohne dass zu dem Zeitpunkt ihrer Empfehlung verbindliche Standards dafür bestünden, auf welcher Grundlage sie diesen Rat erteilen können.