Die Löwer-Kolumne
Die Versicherungen für den Vertrieb geschlossener Fonds haben gewaltige Lücken. Hat der Wirtschaftsprüfer (WP) bei seinem Prospektgutachten einen Fehler übersehen oder falsch bewertet? War der Prospekt beim Beitritt des Anlegers bereits veraltet? Oder wurde ein zwar Nachtrag erstellt, aber nicht vom WP geprüft? Schon ist der Schutz der Vermittler durch die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (VSHV) in Gefahr.
Doch nicht nur die Absicherung des Vertriebs ist löchrig, auch bei den Versicherungsgesellschaften selbst klaffen offenbar einige Lücken – bei der Sachkenntnis über geschlossenen Fonds. Die Terminologie der von Cash. exemplarisch untersuchten Versicherungsbedingungen der beiden führenden VSHV-Gesellschaften jedenfalls lässt nicht vermuten, dass die Versicherer und ihre Juristen sonderlich gut mit der Materie vertraut sind und damit ihre Risiken korrekt einschätzen können. Das wiederum lässt befürchten, dass sie bei unerwartet hohen Schäden jeden Versuch unternehmen könnten, die Deckung zu verweigern.
Noch als Kleinigkeit ließe sich der veraltete Begriff „Prospektprüfungsbericht“ statt der schon seit dem Jahr 2000 korrekten Bezeichnung „Prospektgutachten“ in den Bedingungen beider Versicherer abtun. Schon bedenklicher ist indes jeweils die Bedingung, dass die Fonds „in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassen“ sein müssen – eine Terminologie aus dem Reich der Investmentfonds. Gemeint ist anscheinend die Gestattung der Veröffentlichung des Prospektes durch die Bafin; eine formale „Vertriebszulassung“ gibt es bei geschlossenen Fonds nicht.
Das klingt nach Haarspalterei, aber genau solche Spitzfindigkeiten und Ungenauigkeiten können den Ausgang juristischer Auseinandersetzungen unkalkulierbar machen. Und sie dokumentieren, dass geschlossene Fonds für die sonst so pingeligen Versicherungsjuristen fremdes Terrain sind. Das gilt auch für den Begriff „geschlossene Investmentfonds“ in dem einen Fall und vor allem für die Deckungsvoraussetzung bei der anderen Versicherung: „Der Prospekt wurde vom Bafin nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und der EU-Prospekt-VO geprüft.“
Bei letzterer Klausel ist nicht der falsche Artikel für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht von Bedeutung, sondern der nicht korrekte Gesetzesbezug: Geschlossene Fonds fallen nicht unter das WpPG, sondern unter das Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG). Trotz der ähnlichen Bezeichnungen liegen die beiden Gesetze inhaltlich meilenweit auseinander. Unter anderem prüft die Bafin bei Wertpapieren laut WpPG die Widerspruchsfreiheit („Kohärenz“) der Prospekte, bei Vermögensanlagen nach dem VerkProspG hingegen lediglich Formalien. Und die EU-Prospekt-VO spielt bei geschlossenen Fonds überhaupt keine Rolle.
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