Wahlen in Frankreich: „Furcht vor einer Implosion der europäischen Märkte ist überzogen“

Benoit Anne, Anleiheexperte bei MFS Investment Management: “Volatilität wird von Anlegern oft als negativ bewertet. Dabei kann sie durchaus von Vorteil sein. Es gibt zwei typische Muster, von denen aktive Vermögensverwalter profitieren können:

  1. Eine Markt-Übertreibung. Wenn die Risikoaversion aufgrund eines bestimmten Ereignisses ansteigt, neigen die Märkte dazu, über das Ziel hinauszuschießen und das Worst-Case-Szenario einzupreisen. Betrachtet man die 10-jährigen französischen Staatsanleihen, so liegt der Spread gegenüber den 10-jährigen deutschen Bundesanleihen derzeit bei 77 Basispunkten, einem Niveau, das es seit 2012 nicht mehr gab (Quelle: Bloomberg, 14. Juni 2024). 
  2. Eine Ansteckung: Andere Anlageklassen oder Märkte geraten in der Regel zeitgleich mit dem Epizentrum der Marktkrise unter Druck. Insbesondere der EUR IG Corp-Index hat eine gewisse Schwäche gezeigt, was ein Zeichen für eine größere Ansteckungsgefahr ist. Dies sollte nicht überraschen, da die Korrelation zwischen IG Corp und den Renditen europäischer Staatsanleihen in der Vergangenheit recht hoch war. Frankreich macht etwa 20 % des Pan-European IG Credit Index aus (Quelle: Bloomberg, Stand 14. Juni 2024). Von diesen 20 % entfallen 10,5 % auf französische Finanzwerte, einen Sektor, der tendenziell sehr anfällig für höhere Risiken bei Staatsanleihen ist. 

Im Falle der aktuellen Minikrise in der Eurozone ist es vielleicht noch zu früh, um über Kaufgelegenheiten nachzudenken, da die Neuwahlen des französischen Parlaments erst inzwei Wochen stattfinden. Nur ein aktiver Vermögensverwalter, der die fairen Bewertungen analysieren und die Fundamentaldaten über mehrere Einzeltitel, Sektoren oder Länder hinweg einschätzen kann, wird jedoch in der Lage sein, diese Optionen zu nutzen. 

Abschließend ist zu betonen, dass die Duration angesichts des regionalen Schocks wenig überraschend gut abgeschnitten hat, wobei die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen in der vergangenen Woche um etwa 30 Basispunkte gesunken sind.“

Benoit Anne (Foto: MFS)

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