EU hat viel schlitzohriges Geschick bewiesen

Ja, Protektionismus ist auch für Amerika der perfekte Dünger für Stagflation: Schwache Wirtschaft bei steigenden Preisen. Die internationale Arbeitsteilung aufzugeben ist nicht nur dumm, sondern saudumm. Dann könnte man moderne Industrietechnik auch durch die Dampfmaschine ersetzen.

Zum Glück macht die eigene Partei Druck auf Trump. Sie haben keine Lust, dass die flatterhafte Politik ihres enfant terrible dazu führt, die Mehrheit der Republikaner im Kongress bei den Neuwahlen am 6. November 2018 zu verlieren. Bei vielen Gesetzesvorhaben wären sie dann auf die Demokraten angewiesen. Und die haben den erbitterten republikanischen Widerstand im Kongress gegen ihren Präsidenten Barack Obama noch in bester Erinnerung. Da sind viele Rechnungen offen.

Man darf den Handels-Tag nicht vor dem Abend loben

 Für Handels-Naivität ist sicher kein Platz. Aus dem Saulus Trump wird nicht plötzlich ein Paulus. Bislang ist die Lebensdauer von Trumps Aussagen geringer als die einer Eintagsfliege. Kann Kater Trump wirklich das Mausen, seine klammheimliche Freude an der Unterminierung der EU oder seine Währungsmanipulationsvorwürfe an die EZB aufgeben?

Ohnehin soll das Thema Autoimport und -export nicht Bestandteil eines Handelsabkommens sein. Und die Landwirtschaft gilt hüben wie drüben als so heilig, dass schon nur die Ankündigung von Subventionsbeschneidungen zu schweren „Bauernaufständen“ führen würde. Die Bundesstaaten des Mittleren Westens Amerikas, aber auch Frankreich können getrost als Agrarstaaten bezeichnet werden.

Dennoch, solange verhandelt wird, wird nicht geschossen, auch nicht im Handelskrieg. Selbst für einen Trump würde es jetzt schwierig, eine Totalabkehr von den jetzt mit der EU vereinbarten Handelsbeschlüssen vorzunehmen.

Die stabilen vor allem exportlastigen Aktienmärkte signalisieren bereits Entspannung. Wie lautet doch das feste Glaubensbekenntnis der Börsen: Die Märkte haben immer Recht.

Die Handels-Kuh ist noch nicht vom Eis. Aber das Seil hat man ihr immerhin schon um den Hals gelegt.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator. Er ist aus Funk und Fernsehen bekannt und schreibt regelmäßig für Cash.

Foto: Baader Bank

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