„War for talents“: Wie Versicherer neue Talente für sich gewinnen können

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Versicherer suchen neue Talente: Doch im "war for talents" spielen nicht nur Geld und flexible Arbeitszeiten eine wichtige Rolle.

Versicherer gelten als attraktive Arbeitgeber. Auch weil sie mit flexiblen Arbeitsmodellen, gutem Gehalt und Arbeitsplatzsicherheit punkten können. Dennoch sind die Gesellschaften selten der Wunscharbeitgeber, wie eine aktuelle Talent-Studie zeigt.

Die Versicherungsbranche ist trotz mancher Imageprobleme im Wettbewerb um neue Talente per se nicht schlecht aufgestellt. Gepunktet wird vor allem mit Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit und der Möglichkeit zum flexiblen Arbeiten im Homeoffice. Generell kann sich hierzulande fast jeder dritte (32 Prozent) aller Schüler, Studenten und jüngeren Berufstätigen gut vorstellen, zukünftig für einen Versicherer zu arbeiten. Lediglich 14 Prozent schließen dies kategorisch aus. Dies zeigt die aktuelle Ausgabe der Personalmarktstudie „Talents for Insurance“ des Forschungs- und Beratungsinstituts Organomics aus Köln.

Inhaltlich und emotional mangelt es

Woran es der Branche im „War for Talents“ aber weiterhin mangelt, um als attraktiver Arbeitgeber häufiger in die engere Wahl der Bewerber zu kommen, sind inhaltliche, emotionale und beziehungsorientierte Stärken als Arbeitgeber. Im Vergleich zu 2019 zeigen sich hier aber auch positive Entwicklungen. Branchenintern hat erneut die Allianz die Nase in puncto Bekanntheit und Attraktivität als Arbeitgeber vorn. Aber auch weiteren Versicherern, wie beispielsweise HUK-Coburg, Ergo, R+V, Axa oder die Öffentlich-Rechtliche-Versicherer, gelingt es, gegenüber der Konkurrenz zu punkten.

Der ideale Arbeitgeber aus Bewerbersicht

Auf funktional-sachlicher Ebene sind es vor allem drei grundlegende Faktoren, die Unternehmen als Arbeitgeber für Bewerber besonders attraktiv machen: 1. Gehalt und weitere finanzielle Benefits (77%).

Hinzu kommt, dass die Work-Life-Balance (73%) stimmt. Aber auch bei der Arbeitsplatzsicherheit (72%) können die Gesellschaften punkten. Weniger wichtig sind den Talenten beispielsweise das allgemeine Unternehmensimage (38%) oder die Internationalität (26%) der Unternehmen.

Zugleich zeigt sich, dass verschiedene Zielgruppen unterschiedliche Präferenz- Schwerpunkte haben: Junge Bewerber stellen die Karriereentwicklung beispielsweise auf eine Stufe mit der Work-Life-Balance oder der Arbeitsplatzsicherheit. Auf emotionaler und beziehungsorientierter Ebene stehen für die Bewerber vor allem das
ehrliche (77%) und wertschätzende (75%) Handeln von Unternehmen im Vordergrund. Ebenfalls bedeutsam, im Vergleich aber weniger stark, sind nachhaltiges (44%) und agiles (43%) Verhalten.

Versicherer erfüllen Erwartungen der Bewerber nur bedingt

Vergleicht man die Erwartungen an einen „idealen“ zukünftigen Arbeitgeber mit denjenigen Stärken, die Bewerber speziell der Versicherungswirtschaft in höherem Maße zusprechen, so zeigt sich: Größte Stärke der Versicherungsbranche aus Bewerbersicht sind die Möglichkeit zum flexiblen und mobilen Arbeiten wie im Home Office (56%), das Gehalt (55%) und die Arbeitsplatzsicherheit (55%).

Funktionale Erwartungen an die Arbeitgeber werden von den Versicherern überwiegend erfüllt und können daher als „Trumpfkarten“ ausgespielt werden. Aber: Gerade bei den für die Bewerber ebenfalls wichtigen emotionalen und beziehungsrelevanten Stärken können die Versicherer immer noch nicht ausreichend punkten. Weder Ehrlichkeit (37%; Vergleichswert 2019: 33%) noch Wertschätzung (40%; 2019: 34%) erreichen bei der Einschätzung der Attraktivität der Branche als Arbeitgeber hohe Werte.

Ähnliches gilt auch in puncto spannende Aufgabenfelder. Positiv zu verzeichnen ist hier – im Vergleich zu 2019 – immerhin ein positiver Entwicklungstrend. „Funktionale Nutzenargumente sind eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung, um als Arbeitgeber in die engere Wahl zu kommen, oder sogar zum Wunscharbeitgeber zu werden“, sagt Dr. Thomas Bittner, Geschäftsführer der Organomics GmbH in Köln.

Es gilt, Talente auch inhaltlich und emotional abzuholen

„Es gilt, neue Talente stärker auch auf der inhaltlichen und emotionalen Ebene zu erreichen – mit Qualitäten, die den Bewerbern besonders wichtig sind, der Versicherungsbranche bisher aber oft noch nicht zugeschrieben werden. Dabei geht es nicht um Gefühlsduselei, sondern darum, den potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein ansprechendes, wertegeleitetes und stabiles Beziehungsangebot zu machen.“

Allianz führt brancheninterne Arbeitgeber-Rankings an

Auf der branchenbezogenen Bekanntheits-Skala als Arbeitgeber führt die Allianz (73%), gefolgt von Ergo (60%), HUK-Coburg (60%) und Axa (55%). Große Versicherer erreichen als Arbeitgeber dabei sogar ähnlich hohe Bekanntheitswerte wie namhafte Unternehmen des Automobilsektors als Deutschlands größter Einzelbranche. Auch gegenüber der IT-Branche oder namhaften Unternehmen anderer Industrien wie Bosch oder Siemens steht die Versicherungsbranche als möglicher Arbeitgeber recht gut da. Aber: Hohe Bekanntheit als Arbeitgeber ist kein Garant für Beliebtheit.

Als Wunscharbeitgeber in die engere Wahl kommen hingegen Unternehmen der Automobilbranche – allen voran Audi, BMW und Porsche. Sowie Betriebe anderer Branchen deutlich häufiger als die Versicherer. Auf der branchenbezogen Attraktivitäts-Skala rangieren Allianz, Münchener Rück und HUK-Coburg ganz oben. Der Allianz gelingt es – speziell unter den bereits Berufstätigen – in puncto Arbeitgeberattraktivität sogar noch vor dem jeweils aktuellen Arbeitgeber der Befragten zu landen.

Dies zeigt: Es lohnt sich für die Versicherungsunternehmen, auch Wechselwilligen und Quereinsteigern aus anderen Branchen attraktive Angebote zu machen – und nicht ausschließlich auf den brancheninternen Konkurrenzkampf um die besten Talente zu fokussieren.

„New Work“ und „New Normal“ als besondere Herausforderungen

In der aktuellen Ausgabe der Studie «Talents for Insurance» werden auch übergreifende und pandemiegetriebene Entwicklungen der letzten Jahre beleuchtet. So zeigt sich, dass sich jeder dritte potenzielle Bewerber (35%) mittlerweile vorstellen kann, die Hälfte seiner Arbeitszeit im Homeoffice zu verbringen.

Zugleich wird aber auch das klassische Arbeiten im Büro weiterhin geschätzt; insbesondere von jüngeren Menschen, die noch stärker nach persönlichem Austausch und Orientierung suchen. Zugleich will mehr als jeder Zweite die Entscheidungen über Arbeitsort und Arbeitszeiten selbst treffen können. 15 Prozent wollen am liebsten gar nicht (mehr) im klassischen Büro arbeiten.

Möglichst ohne Hierachien

Auch in puncto Qualität der Zusammenarbeit zeigen sich deutliche Differenzierungen der Erwartungen und Vorlieben: Jeder zweite Bewerber wünscht sich seine Führungskraft eher als beratenden Coach denn als klassischen Vorgesetzten oder klassische Vorgesetzte. Eine möglichst „hierarchiefreie“ Organisation ist für 42 Prozent der Bewerber bei der Arbeitgeberwahl besonders bedeutsam. Besonders wichtig ist vielen für ihre Arbeitstätigkeit auch, dass diese inspirierend (53%) ist und damit ein bedeutsamer Beitrag zur Unternehmensvision geleistet werden kann (47%).

Agile Arbeitsmethoden und der Einsatz digitaler Arbeitstools sind ebenfalls jedem zweiten Bewerber besonders wichtig. „Die Versicherungsbranche muss sich noch stärker darauf einstellen, mit unterschiedlichen – und teils auch gegenläufigen – Erwartungen und Wünschen der Bewerber konfrontiert zu werden“, sagt Bittner.

Dies erfordere konkrete organisationale Weiterentwicklungen, Flexibilisierungen und Neuintegrationen innerhalb der Führungs- und Unternehmenskultur. Dazu gehört laut Bittner auch die stärkere Sensibilisierung der Führungskräfte für eine moderne und vor allem wirksame Gestaltung der Führungsbeziehungen. Andernfalls liefe die Assekuranz aktuellen Entwicklungen und sich verändernden Erwartungen hinterher.

Zielgruppen und Kommunikationskanäle stärker differenzieren

Zentral für das Personalmarketing der Versicherer bleibt weiterhin, dieses sorgfältig über verschiedene Zielgruppen zu differenzieren. Denn unterschiedliche Bewerbergruppen haben teils sehr unterschiedliche Anforderungen und Wünsche an ihren zukünftigen Arbeitgeber.

Und unterscheiden sich darüber hinaus auch bei der Nutzung verschiedener Informationskanäle im Rahmen ihrer Arbeitgebersuche. Dabei spielen Faktoren wie Lebensalter, Geschlecht, unterschiedliche Ausbildungsrichtungen, bereits vorhergehende Berufserfahrung, aber auch Generationen- und Sozialisationsunterschiede, eine wichtige Rolle. Kurz: Verschiedene Zielgruppen sind – unter einem gemeinsamen Unternehmens- bzw. Markendach – mit unterschiedlichen Botschaften und auf unterschiedlichen Kanälen am besten anzusprechen. Auch hierzu liefert die Studie zahlreiche Detail-Analysen zu den Bewerberpräferenzen.

Zugleich sollten die Versicherer nicht nur passiv auf Bewerber warten, sondern die Talente auch aktiv und eigeninitiativ ansprechen: 93 Prozent aller potenziellen Bewerber haben nichts dagegen, oder freuen sich sogar ausdrücklich darüber. Lediglich sieben Prozent lehnen das „Active Sourcing“ von Unternehmen ausdrücklich ab.

Versicherer als Arbeitgeber: Es gibt weiterhin Nachholbedarf

Die Versicherer haben als Arbeitgeber durchaus einige Trümpfe in der Hand. Damit allein ist aber noch nichts gewonnen. Entscheidend im Recruiting und Personalmarketing sind das gekonnte Spiel und die Balance im Ganzen. Hier gibt es – trotz einiger positiver Entwicklungen – weiterhin Nachholbedarf. Sowohl für die Versicherungsbranche insgesamt gegenüber anderen Branchen, als auch für die einzelnen Versicherer mit Blick auf brancheninterne Benchmarks.

Übergreifend gilt, weiterhin an Branchen-, Unternehmens- und Arbeitgeberimages zu arbeiten. Zu häufig gelten Versicherer in puncto Unternehmenskultur – ob als reines Vorurteil oder die Realität spiegelnd, sei hier dahingestellt – noch als spröde, langweilig, intransparent und zu konservativ. Deutlich mehr als beispielsweise beziehungsoffen, ansprechend, kreativ oder zugewandt.

Zu guter Letzt gilt zu beachten: Eine Reihe von für die Arbeitgeberwahl und die Personalgewinnung wichtiger Faktoren sind auch für die längerfristige Mitarbeiterbindung bedeutsam. Nachhaltig erfolgreich bleibt als Arbeitgeber nur, wer das Thema Arbeitgeberattraktivität nach außen wie innen gestaltet und beherzigt. Und das, was er verspricht, dann auch tatsächlich hält.

Für die Personalstudie „Talents for Insurance“ des Forschungs- und Beratungsinstituts Organomics wurden insgesamt 4.750 Schüler, Studenten und Berufstätige im Alter zwischen 16 und 45 Jahren befragt. Abgefragt wurde dabei die Arbeitgeberattraktivität der Versicherungsbranche insgesamt, aber auch die einzelner Versicherer. Zudem fragten die Studienautoren die grundlegenden beruflichen Erwartungen, Wünsche und Präferenzen der Studienteilnehmer ab. Differenziert wurde dabei auch nach unterschiedlichen Fachrichtungen und der Dauer der Berufstätigkeit.

An der Studie beteiligten sich insgesamt 20 Versicherer: Allianz, Alte Leipziger – Hallesche, Arag, Axa, Debeka, DEVK, Ergo, Generali, Gothaer, Hanse Merkur, HDI, HUK-Coburg, LVM, Münchener Rück, Nürnberger Versicherung, Öffentliche Versicherer, R+V Versicherung, Signal Iduna, Württembergische Versicherung und Zurich.

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