Martin Klein, Rechtsanwalt und Votum-Chef, empfiehlt dem Vertrieb, weiterhin auf WP-Prospektgutachten zu bestehen. Nach einem neuen Gerichtsurteil können die Gutachten den Vermittler entlasten – trotz ihrer neuerdings eingeschränkten Aussagekraft. Der Löwer-Kommentar
Über zwei neue Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG), die seine Kanzlei erstritten hat, berichtet Martin Klein, Rechtsanwalt und geschäftsführender Vorstand des Vertriebsverbands Votum, in einem Gastbeitrag auf Cash.Online.
In beiden Fällen wurde der auf Schadenersatz verklagte Vertrieb entlastet. Im ersten Verfahren stellte das OLG Celle fest, dass von einem Vermittler oder Berater keine tieferen Kenntnisse des internationalen Seerechts und generell keine Rechtsberatung erwartet werden können.
In dem anderen Fall konnte sich der Vertrieb vor dem OLG Hamburg durch ein Wirtschaftsprüfer-Prospektgutachten nach dem Prüfstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) – kurz: IDW-Gutachten – in Zusammenhang mit einem entsprechenden Hinweis in seiner Beratungsdokumentation entlasten.
Thema der Plausibilitätsprüfung vom Tisch?
Vor allem die zweite Entscheidung dürfte von großer Relevanz auch für das heutige Neugeschäft sein. Schließlich könnte damit das leidige Thema der Plausibilitätsprüfung vom Tisch sein, das bislang wie ein Damoklesschwert über dem Vertrieb hängt und ihn vor eine fast unlösbare Aufgabe stellt.
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist ein IDW-Gutachten allein nicht ausreichend, sondern der Finanzdienstleister ist zu einer eigenen Plausibilitätsprüfung verpflichtet. Hinzu kommt, dass die IDW-Gutachten zuletzt deutlich an Aussagekraft eingebüßt haben. Auf die Prospektprüfung der Finanzaufsicht BaFin kann der Vertrieb sich ebenfalls nicht verlassen.
Die Behörde nimmt sowohl bei alternativen Investmentfonds (AIFs) als auch bei Emissionen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) lediglich eine rein formale, aber keine inhaltliche Prüfung vor, wie auch der Fall des insolventen Container-Anbieters P&R verdeutlicht.